Juliane Leopold
Juliane Leopold ist Journalistin und 1983 in Halle/Saale geboren.
Gegangen: Juliane lebt heute in Hamburg.
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Weshalb bist du gegangen?
Ich liebe meine Heimatstadt und genau deswegen musste ich zum Studium die Fühler rausstrecken – sonst wäre ich nie weggegangen, es wäre zu bequem geworden. Deswegen bin ich mit 19 und mutterseelenallein nach Berlin gegangen. Dort bin ich mit kleinen Unterbrechungen 15 Jahre geblieben. Ich liebe Berlin, weil es die Stadt ist, in der ich wahrlich erwachsen geworden bin. Die Dynamik, das Herz und die Schnauze der Stadt haben mich sehr geprägt.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Ich trage meinen Teil dazu bei, die erfolgreichste Nachrichtensendung Deutschlands auch im Digitalen zu stärken. Seit Oktober 2019 bin ich Chefredakteurin Digitales für ARD-aktuell in Hamburg. Ich berate die Redaktion seit 2016 projektweise, 2018 wurde ich Redaktionsleiterin von Tagesschau.de. Der digitale Wandel des Journalismus begleitet mich schon mein gesamtes Berufsleben. Ich habe für den Freitag, die NZZ, die ZEIT und BuzzFeed gearbeitet, bevor ich zur Tagesschau kam.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich fühle mich ostdeutsch, weil ich mich an die DDR erinnere und vor allem daran, wie groß die Veränderungen im Alltag ab 1989 wurden. Meine und die Biographien der Menschen in meinem engsten Umfeld – meiner Familie – hat der Mauerfall so stark verändert wie wohl sonst kein anderes Ereignis im Leben. Das Thema „Ostdeutsch sein“ beziehungsweise der Umfang mit einem Land, das es nicht mehr gibt, war präsent in meiner Kindheit und Jugend. Deswegen hat es mich geprägt und ich habe auch nie einen Anlass gesehen, mir diese Prägung abzuschleifen. Ich kann sagen „Ich bin Ossi“, ohne es defensiv oder aggressiv zu meinen. Es ist einfach eine Tatsache.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Wie beglückend und gleichzeitig schwierig die Wende für die Menschen im Osten gewesen sein mag, begreife ich erst heute. Wenn ich mir vorstelle, von heute auf morgen ist die Gewissheit meines Lebens – es gibt einen Staat, der buchstäblich unüberwindliche Grenzen setzt – aufgekündigt, dann würde mich das froh machen, aber auch unter Druck setzen – wie gehts denn jetzt weiter? Die Flexibilität im Geist, sich auf eine neue Perspektive einzulassen, das große Glück persönlicher Freiheit und der Mut, sie auch zu nutzen: das nehme ich für mich als positive Aspekte meiner ostdeutschen Herkunft wahr.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir für Ostdeutschland gleich ein paar Dinge.
1. Neugier! Ich wünsche mir das Interesse der Menschen ohne ostdeutsche Wurzeln am Osten und umgekehrt. Seid neugierig aufeinander.
2. Nur, wenn wir anerkennen, dass die Vergangenheit existiert, sich also nicht wegdiskutieren lässt und dass es verschiedene Brillen gibt, durch die die Menschen auf diese Vergangenheit blicken, können wir gemeinsam eine Zukunft haben.
3. Lasst uns nie vergessen, welches Geschenk die Freiheit ist und welche großen Opfer Menschen gebracht haben, damit wir sie haben.