Wir sind der

Osten

Anne Lippold

Anne Lippold ist Zyklus Coach und 1988 in Jena geboren.

Zurückgekehrt: Anne lebt heute in Dresden.

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Weshalb bist du zurückgekehrt?

Jena fühlt sich für junge Menschen an wie ein Dorf und deswegen wollte ich nach dem Abitur hinaus in die große weite Welt. Jeder Ort, an dem ich gelebt habe, hat mich geprägt, mich neue Blickwinkel und andere Herangehensweisen gelehrt. Dadurch habe ich auch jeden Ort in mein Herz geschlossen und vermisse von jedem einen Teil.
Bewogen, zurückzukehren, hat mich der Wunsch nach Nähe zu meiner Familie und meinen Freunden. Inzwischen habe ich verstanden, dass man sich jede Stadt aktiv so gestalten kann, wie man sie sich wünscht. Aber nichts erwärmt mein Herz so sehr wie eine original Thüringer Rostbratwurst bei hopfigem Pils in einer Runde mit Menschen, die den Dialekt meiner Heimat sprechen.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich kläre Mädchen und Frauen über die biologischen und psychischen Vorgänge des weiblichen Zyklus auf. Ich ermögliche ihnen dadurch einen wertschätzenden und wohlwollenden Zugang zu einem sehr zentralen Baustein des Frauseins. Nach dem Motto „Wissen ist Macht“ helfe ich ihnen, selbstbestimmte und verantwortungsbewusste Entscheidungen für sich und ihren Körper zu treffen. Denn der weibliche Zyklus und seine Hormone beeinflussen uns tiefgreifender, als viele vermuten. Das betrifft neben Hygiene, Sexualität und Verhütung auch Gesundheit, Selbstwertgefühl, Achtsamkeit und den Beruf.

  • 1988

    Jena

  • Nürnberg

  • Vancouver

  • 2019

    Dresden

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

4 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Mich prägte die DDR über die Erziehung meiner Eltern. Kaputtes wegzuwerfen und ständig Neues zu kaufen ging früher nicht. Deswegen lernte ich zu reparieren und zu nähen. Das schult Kreativität und Erfindungsreichtum und hat mich davor bewahrt, auf die meisten Konsumtrends aufzuspringen.
Wegen der Stasi lehrten mich meine Eltern, zurückhaltend mit meinen Gedanken und misstrauisch gegenüber Fremden zu sein. Heute stehe ich mir dadurch manchmal selbst im Wege. Wenn ich an Datenschutz im Internet und manchen Situationen auf Reisen denke, bin ich allerdings sehr froh, so ein bedachtes und überlegtes Vorgehen gelernt zu haben.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

1) Bessere Presse. In Dresden gibt unzählige weltoffen und fortschrittlich denkende Menschen. Trotzdem wird v.a. von politischen Organisationen berichtet, welche die gängige Meinung über den Ossi untermauern.
2) Gegenseitige Aufklärung. Viele Westler (inkl. BWL-Professoren) wissen z.B. nicht, dass Soli-Beiträge auch von uns gezahlt werden.
3) Weniger Frust. Die Generation 50+ ist über die Ereignisse während der Wende frustriert. Job- und Immobilienverluste, keine Anerkennung von Schul- und Studienabschlüsse – da war einiges unfair und nicht zu Ende gedacht. Auf ewig zu grollen und zu schimpfen verbaut aber meiner Generationen die Chance, aus Ost- und West endlich ein Deutschland zu machen.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Auf ewig zu grollen und zu schimpfen verbaut meiner Generationen die Chance, aus Ost- und West endlich ein Deutschland zu machen.