Rainald Grebe
Rainald Grebe ist 1971 in Köln geboren und hat sich später für Ostdeutschland entschieden.
Rübergemacht: Rainald ist Musiker und Kabarettist und wohnt aktuell in der Uckermark.
Foto: Gesa Simons
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Weshalb hast du in den Osten rübergemacht?
Ich hatte eine große Sehnsucht nach Neuland. Ich wollte damals raus aus Westdeutschland. Ich war noch sehr jung und da bot sich das an. Der gesamte Ostblock fächerte sich damals auf. Aus dem Block wurden viele Regionen, Landstriche und Länder. Ich fand das geil. Für mich war es eigentlich alternativlos, in den Osten zu gehen.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Ich bewege mich in verschiedenen Kunstfeldern: Theater, Literatur, Musik und Puppenspiel. Viele kennen wohl meine Landeshymnen, die ich als Gegenbewegung zur Globalisierung verstehe. Die bekannteste ist wahrscheinlich die Brandenburg-Hymne. Die erste war jedoch die Hymne auf Thüringen.
Glaubst du, Menschen in Ostdeutschland können besser mit Veränderungen bzw. Wandel umgehen?
Fühlst du dich ostdeutsch?
Ich bin genau das, was ich bin: Ein Westdeutscher, der seit 30 Jahren im Osten lebt. Und gerade auf dem Land mit den älteren Ostlern merke ich, dass ich kein Ostdeutscher bin. Mir fehlen dafür die Erfahrungen. Meine Bandmitglieder kommen aus dem Osten und ich höre mir gern die Geschichten an. Ich selbst bin wohl eher ein Tourist.
Welche Erfahrungen hast du in Ostdeutschland gemacht?
Die bekannte Liedzeile aus der Brandenburg-Hymne „Nimm was zu Essen mit, wir fahr’n nach Brandenburg“ beruht auf einer wahren Begebenheit. Wir hatten einen Auftritt in einer Fachhochschule in der Stadt Brandenburg. Für uns gab es kein Catering, aber die Gäste bekamen Buletten. Deshalb fragte unser Gitarrist den Typ am Einlass, ob er auch was haben könnte. Doch der sagte nur: „Nö, bring dir doch selbst was mit.“ Unser Gitarrist wurde daraufhin so wütend, dass er den Türsteher getreten und sich dabei das Bein gebrochen hat.
Es gab aber auch viele schöne Überraschungen. Wie die Liebe oder meine Auftritte im Theater. Die Zuschauer haben, damals zumindest, viel genauer und wacher zugehört. Sie waren gieriger auf Theater als die Menschen im Westen. Es war Lebenselixier und hatte eine andere Wirkungsmacht.
Glaubst du, Westdeutsche hatten nach der Wiedervereinigung im Osten Vorteile?
Es ist ja immer noch so, dass in den Firmen oder Verwaltungen die ganzen Wessis sitzen. Ich hatte auch keine großen Probleme. Ich habe sogar Lieder über andere Bundesländer geschrieben und bin damit bekannt geworden. Ich bin ja auch Krisen- oder Wende-Gewinner. Ich tue immer sehr nett und verständnisvoll, aber tatsächlich habe ich diese Lieder geschrieben und mich darüber lustig gemacht – und das fanden die Leute dann gut.
Was hast du in Ostdeutschland gelernt?
Was mich oder Westdeutsche generell von Ostdeutschen unterscheidet, die vor der Wende geboren worden sind, ist, dass fast alle Leute ihr Leben umkrempeln mussten. Viele haben alles verloren – eine Erfahrung, die den Westdeutschen fehlt.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir, dass die Leute nicht so hasserfüllt sind, sich nicht verkriechen oder sich in Aversionen gegen „die da oben“ richten. Sondern dass sie eher mutig und offen sind und gemeinsam Dinge anpacken.