Wir sind der

Osten

Goedele Matthyssen

Goedele Matthyssen wird 1968 in Leuven in Belgien geboren und hat sich sich später für Ostdeutschland entschieden.

Rübergemacht: Goedele ist Chocolatiere und Geschäftsführerin der Confiserie Felicitas GmbH. Sie wohnt aktuell in Hornow in der Lausitz.

Foto: Confiserie Felicitas GmbH

Das Profil teilen:

Weshalb hast du in den Osten rübergemacht?

In den Jahren 1987 bis 1991 waren mein Mann und ich für ein Entwicklungsprojekt in Nigeria. Bereits dort kam der Wunsch nach Selbständigkeit in uns auf. Der Tätigkeitsraum sollte in Europa liegen, aber nicht in unserem Geburtsland Belgien – da gab es schon von allem genug und unser Geburtsland schien uns inzwischen zu klein geworden. In Nigeria hörten wir von der Wiedervereinigung in Deutschland und besuchten von dort aus die Lausitz, mit der Absicht eine Marktlücke zu finden. In der ehemaligen DDR war das Thema „Schokolade“ wenig präsent und mir, als gebürtige Belgierin, ist Schokolade ja quasi in die Wiege gelegt worden. In Cottbus angekommen, war die Entscheidung schnell gefallen: Ich ließ mich in Antwerpen als Chocolatiere ausbilden und gründete am 11. März 1992 die Confiserie Felicitas GmbH, gemeinsam mit meinem Mann Peter Bienstman.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Seit 1992 wird im idyllischen Hornow, belgisch-brandenburgische Schokoladentradition gelebt… Frische Pralinen, Tafelschokolade und individuelle Geschenke werden in unserer Manufaktur aus feinsten belgischen Schokoladen und mit viel Liebe zum Detail von unseren Chocolatiers gefertigt. Das „Ja“ zum Besucherzentrum SchokoLadenLand, ein herrlicher Treffpunkt für Genießerinnen und Genießer, Jung und Alt. Damit sind wir den großen Schritt vom „einfachen“ Schokoladenhersteller zum „Erlebnis Schokolade“ gegangen und tragen nun Verantwortung für 75 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Lausitz, Potsdam und Dresden. Die Integration von Tourismus, das Angebot von Erlebnissen, einen Veranstaltungsbereich zu etablieren und Gastronomie erweitern das Spielfeld vom reinen Verkauf beträchtlich. Wir schaffen eine Welt, mit dem Ziel des Wohlfühlens und verkaufen Schokolade in einem idyllischem Umfeld.
Wir zeigen dem Kunden transparent, warum handgemachte Schokolade so viel mehr Zuwendung erfordert, als man es von dem gewöhnlichen Schokohasen erwarten würde. Unsere Gäste und Kunden zeigen uns im Gegenzug Wertschätzung für unsere Produkte und unseren eingeschlagenen Weg. Ehrenamtlich, bin ich Botschafterin der Brandenburger Stiftung „Hilfe für Familie in Not“ und bin Mitglied des Lionsclub-Cottbus-Lausitz.e.V.

  • 1968

    Leuven (Belgien)

  • 1987

    Nigeria

  • 2021

    Hornow

Glaubst du, Menschen in Ostdeutschland können besser mit Veränderungen bzw. Wandel umgehen?

3 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich ostdeutsch?

Ich fühle mich zu 100 Prozent europäisch.

Welche Erfahrungen hast du in Ostdeutschland gemacht?

Die Treuhand machte es unmöglich, ein leerstehendes Haus in Hornow zu erwerben – obwohl die damalige Bürgermeisterin alle notwendigen Unterlagen besorgt hatte. Keine Bank war bereit, uns ein Kredit zu geben, weil sie vermutlich keinen Bedarf für handgemachte Schokolade gesehen hat und weil unser Wohnsitz zu dieser Zeit noch in Nigeria angemeldet war.
Die Menschen im Dorf waren letztlich jedoch von Anfang an sehr neugierig und offen uns und unserer Schokolade gegenüber. Unsere Eltern haben kurz versucht, uns von unserem Vorhaben abzuraten…

Glaubst du, Westdeutsche hatten nach der Wiedervereinigung im Osten Vorteile?

Ja. Sie haben die höheren Positionen bekommen und besser verdient. Das ist aktuell eher nicht mehr der Fall.

Was hast du in Ostdeutschland gelernt?

Es sind viele Vorurteile unterwegs. „Die“ Ostdeutschen gibt es nicht. Es gibt überall solche und solche Typen von Menschen. Ich mag keine Verallgemeinerungen.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Mehr Rückkehrerinnen und Rückkehrer mit viel Mut und tollen Ideen, um die Region zu stärken. Dann würde die Lausitz noch attraktiver werden und andere anlocken. Es würde nicht so viele einsame, alte Menschen auf großen Gehöften geben und die Familien wären wieder vereint.