Laura Wahl
Laura Wahl ist Mitglied des Landtages (B’90/ Die Grünen) in Thüringen und 1994 in Lörrach geboren und aufgewachsen.
Rübergemacht: Laura wohnt aktuell in Erfurt.
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Weshalb hast du in den Osten rübergemacht?
Mir war bereits vor dem Abitur klar, dass ich nicht in Süddeutschland studieren wollen würde. Ein Grund dafür war, dass ich von meinem verfügbaren Geld während des Studiums nicht über die Hälfte für ein WG-Zimmer ausgeben wollte – was angesichts der Mieten in BaWü und Bayern wahrscheinlich gewesen wäre. Vor dem Studium habe ich dann ein Jahr in Zielona Góra in Polen gelebt. Erfurt lag geographisch zwischen meinem Geburtsort und Zielona Góra und ich habe hier einen sicheren Studienplatz erhalten, was die Sache besiegelt hat. Dass ich hier gelandet bin, war die goldrichtige Entscheidung. Die Stadt mit ihren 200.000 Einwohner*innen und vielen wunderbaren Ecken ist genau die Richtige für mich.
Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?
Als ich in Polen lebte, habe ich fast täglich Nachrichten geschaut. Mit der Politik der Großen Koalition war ich aber sehr unzufrieden. Gleichzeitig hat man im Ausland – so war es zumindest mein Gefühl – noch weniger Möglichkeiten, sich einzumischen oder die Nachrichten z.B. in Gesprächen mit Bekannten zu verarbeiten. Während meinem Auslandsjahr reifte deshalb der Beschluss in mir heran, nach meiner Rückkehr einer Partei beizutreten und mich selbst politisch engagieren zu wollen. Diese Entscheidung habe ich nie bereut. Denn bei aller Anstrengung, die das manchmal mit sich bringt, empfinde ich mich einzumischen hunderte Male befriedigender als nur zu meckern und sich ohnmächtig zu fühlen.
Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?
In meiner Erfahrung ist ein wesentlicher Punkt, ob man hier bleibt, wie sehr man sich mit seinem Wohnort identifiziert. Diese Identifikation wächst erheblich an, wenn man vor Ort selbst etwas mitbewirkt hat. Deshalb versuche ich zum Beispiel junge Leute davon zu begeistern, in zivilgesellschaftlichen Organisationen, Parteien oder Jugendverbänden wie der GRÜNEN JUGEND mitzumachen. Ein wichtiger Punkt, damit zum Beispiel auch Studis hier bleiben, ist dass Städte ein Umfeld bieten, in dem Studis am städtischen Leben teilhaben. Ich finde es immer wieder schade, wenn Studis in kleinen Studienorten gar nicht ihren Wohnsitz anmelden, weil sie dort sowieso keine Perspektive für sich sehen.
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Eigentlich fände ich teils/teils richtig. Über die Frage habe ich sehr lange nachgedacht. Nur zwischen den zwei Optionen Ja und Nein wählen könnend, habe ich mich am Ende für eher Ja entschieden. Denn in Diskussionen mit Freund*innen, (westdeutscher) Familie und Bekannten vertrete ich, wenn das Gespräch auf das Thema Wiedervereinigung und Ost/West kommt, mittlerweile immer die ostdeutsche Perspektive – soweit mir das mit meinen persönlichen Erfahrungen und meinem erlangten Wissen möglich ist. Denn aufgewachsen bin ich in Baden-Württemberg. Die Komplexität des Themas zeigt sich meiner Meinung schon daran, dass die Frage „Fühlst du dich westdeutsch?“ überhaupt nie gestellt würde.
Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?
Nur ein kleiner Beitrag, aber einer der meiner Meinung nach viel selbstverständlicher sein sollte ist, dass ich Mitglied einer Gewerkschaft bin. Denn Löhne können vor allem dadurch gehoben werden, indem Leute sich organisieren und dafür eintreten. Ein Projekt, für dass ich mich im Landtag einsetze, ist die Einführung einer Mobilitätsgarantie. Damit hätten alle Menschen auch in den ländlichen Räumen Anschluss an einen guten, verlässlichen ÖPNV. Mobilität ist ein ganz wichtiger Aspekt für Teilhabe. Leider sind insbesondere junge Menschen in vielen Gegenden Thüringens aber nach wie vor auf ihr „Elterntaxi“ angewiesen, weil der Nahverkehr nicht gut genug ausgebaut ist.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Gleiche Löhne, gleiche Renten und eine starke demokratisch partizipierende Zivilgesellschaft.