Dietmar Bartsch

Dr. Dietmar Bartsch ist Mitglied des Deutschen Bundestages sowie Fraktionsvorsitzender (Die Linke) und 1958 in Stralsund geboren, in Vorpommern aufgewachsen.

Geblieben: Dietmar wohnt aktuell in Prerow.

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Weshalb bist du geblieben?

Zum „Rübermachen“ hatte ich keine Gelegenheit, weil es in Berlin und im Osten für mich immer etwas zu tun gab, was ich für wichtig hielt. Kaum hatte ich in Moskau promoviert, musste ich den Verlag „Junge Welt“ in die „Marktwirtschaft“ überführen, wodurch ich sofort auch die hässlichen Seiten des Kapitalismus kennen lernte. Dann wurde ich Schatzmeister der PDS und hatte seither fast durchgängig immer mit der Partei oder verwandten Dingen zu tun. Mein Wahlkreis liegt in Mecklenburg-Vorpommern, das bindet.

Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?

Das war in meinem Fall eine historische Sondersituation. Der Staatssozialismus verabschiedete sich gerade aus der Weltgeschichte und ich war der Überzeugung, dass dennoch Fragen sozialer Gerechtigkeit sich stellen und gestellt werden müssen. So wurde ich Demokratischer Sozialist.

Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?

Das ist sehr schwer. Was ich tue, ist einen Umweg zu gehen. Wir benötigen gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost wie West. Nur dann kann auch die Abwanderung gestoppt werden. Dabei ist es aber nötig, dass sich auch ostdeutsche Menschen stärker politisieren und so für gleichwertige Lebensverhältnisse eintreten. Konkret kämpfe ich für jeden Arbeitsplatz im Osten, für für jedes Projekt, das zur industriellen Struktur etwas beitragen kann. So bin ich, obwohl mir die ökologische Kritik nicht fremd ist, für Nord Stream 2 eingetreten. Dieses Projekt einzustellen, wäre ein Schlag gegen die ostdeutsche Wirtschaft, gerade im Norden.

  • 1958

    Stralsund

  • Vorpommern

  • Berlin

  • Moskau (Russland)

  • 2021

    Prerow

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Zunächst kann man seine Herkunft nicht verleugnen, die einen eben prägt. Dann kam nach der Wende die Arbeit vor allem in der PDS hinzu, die zwar überall Landesverbände hatte, im Wesentlichen jedoch eine ostdeutsch geprägte Partei war. Das bedeutet nicht, dass man mit „Wessis“ nicht klarkommt; das ist eher eine Voraussetzung dafür.

Weshalb gibt es noch immer weniger parteipolitisches Engagement in Ostdeutschland und wie möchtest du das ändern?

Das sind historische Negativerfahrungen, die es im Osten stärker gibt als im Westen Deutschlands. Das begann mit dem Versprechen der blühenden Landschaften, die sich jedoch als deindustrialisierte Landschaften entpuppten. Und seither wurde immer wieder der Osten zur Chefsache, sogar eine Kanzlerin kam aus dem Osten, dennoch ist der Osten gegenüber dem Westen in vielerlei Hinsicht benachteiligt. Das demotiviert. Vor allem hat es mögliche Tiefenwirkungen für die Akzeptanz der Demokratie, die auch gefährlich werden können.

Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?

Das gehört mit zum Kernbestand meiner politischen Arbeit. Die Partei DIE LINKE ist die einzige Partei, die sich für reale Gleichstellung des Ostens mit dem Westen einsetzt.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Gleiche Löhne für gleiche Arbeit in Ost und West, Rentengleichheit, gleiche Sozialleistungen sind das Minimum. Aber ich wünsche mir entschieden mehr Ostdeutsche in wissenschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Führungspositionen. Das alles wäre unvollständig ohne eine kräftige wirtschaftliche Entwicklung. Und – keine AfD. Dieser Wunsch gilt auch für den Westen.