Rasha Nasr
Rasha Nasr ist Leiterin eines Landtagsabgeordneten-Büros, Mitglied im Parteivorstand (SPD) in Dresden sowie Stadtbezirksbeirätin für die Dresdner Altstadt und 1992 in Dresden geboren und im Landkreis Meißen aufgewachsen.
Geblieben: Rasha wohnt aktuell in Dresden.
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Weshalb bist du geblieben?
Sachsen ist mein zu Hause. Ich bin hier geboren, aufgewachsen, lebe, arbeite und engagiere mich hier. Das ist meine Heimat und ich kämpfe dafür, dass sie lebenswert bleibt und noch besser wird. Ich hatte nie das Bedürfnis, meine Heimat zu verlassen, weil ich hier verwurzelt bin. Ich will hier gestalten und mich dafür einsetzen, dass wir hier zu einem neuen Selbstbewusstsein kommen. Ich will dafür kämpfen, dass wir überall in Deutschland gleiche Lebensverhältnisse haben.
Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?
Ich war 2016/17 in Freiberg als Asylkoordinatorin tätig. Die Menschen dort haben mir in dieser Zeit in vielen persönlichen Gesprächen ihre Sorgen geschildert. Sehr viele Menschen haben Verletzungen und Ungerechtigkeiten in ihrem Leben erfahren und mir von diesen berichtet. Es waren diese Erfahrungen, die mich dazu bewegt haben, politisch aktiv zu werden und dafür zu kämpfen, dass „die Politik“ und unsere Gesellschaft endlich wieder solidarischer werden und den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Noch im gleichen Jahr bin ich in die SPD gegangen.
Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?
Ich kämpfe dafür, dass alle alles werden können. Dass nicht deine Erbschaft darüber entscheidet, ob du später mal Vermieter*in wirst. Ich will, dass alle Kinder die gleichen guten Chancen haben. Ich kämpfe für ordentliche Löhne, von denen junge Menschen sich eine Wohnung leisten können und noch genug Geld zum leben haben. Ich kämpfe gegen sachgrundlose Befristungen, für eine Ausbildungsplatzgarantie und eine Mindestauszubildendenvergütung. Dafür, dass Student*innen BAföG unabhängig vom Geldbeutel der Eltern bekommen. Es geht hier auch um Respekt gegenüber nachfolgender Generationen.
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Je älter ich werde, desto mehr fühle ich mich als ostdeutsche Frau. Das hat vor allem mit den strukturellen Unterschieden zu tun, die leider immer noch bestehen. Hier erhält man für die gleiche Arbeit weniger Geld als westdeutsche Kolleg*innen, und man muss dafür auch noch länger arbeiten. Es gibt hier nicht die hoch dotierten Jobs, es gibt hier nicht die großen Wirtschaftsunternehmen, es gibt hier auch nicht die großen Erbschaftsbiografien. Mein Gefühl, ostdeutsch zu sein, speist sich vor allem aus den Ungerechtigkeiten, die bestehen. Ich will, dass wir alle die gleichen guten Lebensverhältnisse überall in Deutschland haben.
Weshalb gibt es noch immer weniger parteipolitisches Engagement in Ostdeutschland und wie möchtest du das ändern?
Auf die SED folgte nach der Wende mit der sächsischen Union eine neue Staatspartei auf dem Fuße. Die CDU hielt Politik fern von den Menschen, sie sollten sich nicht darum kümmern; die neue Staatspartei übernimmt. Politische Bildung oder das Anleiten zum gesellschaftlichen Engagement? Fehlanzeige. Ein grundlegender Skeptizismus gegenüber staatlicher Einflussnahme wird von der Wendegeneration an ihre Kinder weitergegeben. Ich kämpfe dafür, dass sowohl die Menschen ihrer politischen Verantwortung bewusst werden, als auch dafür, dass die Parteien sich wieder mehr auf die Menschen zu bewegen, für die sie Politik machen und sie so animieren, auch aktiv zu werden.
Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?
Der Mindestlohn muss auf 12 Euro steigen, damit er armutsfest ist. Das ist besonders für Ostdeutschland wichtig. Ich kämpfe für mehr Tarifbindung – Sachsen ist hier deutschlandweites Schlusslicht. Der überwiegende Großteil der Arbeitnehmer*innen wird unter dem entlohnt, was ihnen eigentlich zusteht. Ich kämpfe für die Kindergrundsicherung, die allen Kindern unabhängig der finanziellen Situation der Eltern gleiche Teilhabe ermöglicht. Das neue Kindergeld soll überschaubarer werden und dort ankommen, wo es wirklich gebraucht wird. Es braucht mehr ostdeutsche Perspektiven im Bundestag und öffentlichen Einrichtungen. Ich wünsche mir mehr Ostdeutsche in Spitzenpositionen.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir, dass wir hier zu einem neuen Selbstbewusstsein kommen. Der Osten hat so viel zu bieten! Die Lebensleistung der Ostdeutschen wurde zu lange ignoriert. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die von Respekt geprägt ist. Das schaffen wir nur, wenn wir die Leistung und Würde aller Menschen in gleicher Weise anerkennen – auch finanziell. Dafür braucht es zukunftssichere Arbeitsplätze, faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Ich will, dass wir uns zusammenschließen und gemeinsam für unsere Ideen kämpfen. Wir brauchen endlich überall in Deutschland gleiche Lebensverhältnisse für alle Menschen. Egal, wo sie herkommen, was sie mitbringen, woran sie glauben oder wen sie lieben.