Christian Demmelmeier

Christian Demmelmeier ist Jurist und Referent für die Parlamentarische Kontrollkommission (Bündnis 90/Die Grünen) im Brandenburger Landtag. Er ist 1971 in Pfaffenhofen/Ilm geboren und aufgewachsen.

Rübergemacht: Christian wohnt aktuell in Berlin.

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Weshalb hast du in den Osten rübergemacht?

Ich war als angestellter Rechtsanwalt tätig, wollte mich aber aus verschiedenen Gründen verändern und bin Anfang 2012 auf die Stellenanzeige der damaligen Bündnisgrünen Thüringer Landtagsfraktion für einen Referenten für die Begleitung des 1. NSU – Untersuchungsausschusses aufmerksam geworden. Das fand ich, auch mit meinem Punk-Hintergrund, so spannend und wichtig und habe mich beworben. Und dann habe ich die Stelle bekommen. Es gab da keinen Vorbehalt, wie, „Oh, Erfurt, Thüringen, du musst aus Bayern weg“. Es bot sich eine neue, tolle Aufgabe und eine neue Stadt. Meine Schwester sagte sogar, da musst du hin, Erfurt ist ’ne geile Stadt. Im privaten Bereich gab es natürlich Spannungen.

Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?

Ich schicke voraus, ich war schon engagierter als jetzt im Augenblick, worauf auch die Pandemie Einfluß hatte. Zählt es schon als politische Aktivität, ab Mitte der 90er in Bayern in einer Punkband gespielt zu haben? Dafür, dass ich mich in einer Partei engagiert habe, sind die tollen Menschen bei den Bündnisgrünen im Berchtesgadener Land und vor allen Sepp Daxenberger verantwortlich, die mich so motiviert haben, Teil davon zu werden. Als ich 2012 nach Thüringen kam, habe ich mich weiter engagiert. Es kam auch auf jede*n Einzelne*n an. Was explizit dazukam, war der Kampf gegen Rechts. Nicht dass es in Bayern keine Rechten gab, aber in Thüringen waren die so sichtbar, so selbstverständlich.

Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?

Ich will überhaupt keinen Menschen davon überzeugen, an irgendeinem Ort zu bleiben. Es muss jede*r für sich selbst wissen, welche Erfahrungen man machen möchte und, in diesem Falle, auch an welchem Ort. Ich war sehr lange eine Eiche, fest an einem Platz. Das mag für viele funktionieren, hat es für mich auch. Aber es kam der Punkt an dem eine größere Veränderung für mich kam und auf die ich mich einließ. Und dann kam wieder eine spannende Aufgabe an einem anderen Ort. Dann noch eine. Wenn das Gefühl kommt, sich zu verändern, soll man diesem folgen, mit allen Konsequenzen. Eventuell erkennt man ja, dass man wieder gereift und verändert an den Ausgangspunkt zurückkehren möchte.

  • 1971

    Pfaffenhofen/Ilm

  • Freilassing

  • Erfurt

  • Magdeburg

  • 2021

    Berlin

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ich fühle mich nicht ostdeutsch. Ich werde ja immer auch als „der Bayer“ wahrgenommen, was wohl an meiner Sprachfärbung liegen dürfte. Ich finde dieses Gefühl oder die Selbstwahrnehmung als west- oder ostdeutsch als überkommen. Mir ist das nicht wichtig. Natürlich habe ich Beziehungen zu den Orten und Gegenden, in denen gelebt habe, aber diese Beziehung besteht über Familie, Menschen und Ereignisse an diesen Plätzen und nicht allein durch einen Geburtsort oder einer angenommenen Zugehörigkeit zu einer Bevölkerungsgruppe.

Weshalb gibt es noch immer weniger parteipolitisches Engagement in Ostdeutschland und wie möchtest du das ändern?

Das kann ich nicht beurteilen. Ich erlebe zumindest in meiner Partei, dass sich viele Menschen dazu entschließen in diesem Rahmen politisch tätig zu werden.

Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?

Ich habe hierüber jetzt lange nachgedacht. Ich denke, ich kann nicht mehr machen, als mit meiner täglichen Arbeit, in einem ganz, ganz kleinem Ausschnitt mitzuhelfen, dass Brandenburg insgesamt noch lebenswerter wird, mit Strukturen, in denen sich alle Menschen entfalten können.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Weniger bis keine Nazis (gilt für Westdeutschland genauso).