Claudia Müller

Claudia Müller ist Mitglied des Bundestages (B’90/Die Grünen) und 1981 in Rostock geboren und aufgewachsen.

Zurückgekehrt: Claudia wohnt aktuell in Gutglück.

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Weshalb bist du zurückgekehrt?

Ich habe durchaus mit dem Gedanken gespielt zu gehen, möglicherweise sogar auszuwandern. Je mehr ich mich aber mit dem Thema beschäftigte, merkte ich, dass es die schlechteren Chancen waren, die mich wegtrieben. Deshalb entschied ich mich anders. Ich wollte hier in meiner Heimat etwas verändern und bewegen. Mecklenburg-Vorpommern ist ein wundervolles Bundesland und gleichzeitig gibt es hier eine Menge Herausforderungen. Ich möchte mit meiner Arbeit dazu beitragen, dass niemand seine Heimat verlassen muss, weil er/sie hier nicht die gleichen Chancen wie in anderen Regionen hat. Die Zeit in den 1990ern hat mich geprägt. Ostdeutschland kann Vorreiter bei der zukünftigen Entwicklung werden, hier ist Potential und eine große Transfromationserfahrung. Das gilt es nutzbar zu machen für die Herausforderungen der Zukunft. Daran wollte und will ich mitwirken.

Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?

Ich war immer politisch interessiert, habe es aber lange abgelehnt, politisch aktiv zu werden. Parteien waren mir suspekt. Über persönliche Kontakte wurde ich angesprochen kommunal für eine Wählergemeinschaft zu kandidieren. Die Arbeit in den Gremien zeigten mir aber, dass man eine größere Unterstützungsstruktur braucht. Durch die Finanz- und Wirtschaftskrise beschäftigte ich mich zudem mit der Frage, wie unsere Gesellschaft und besonders Wirtschaft zukunftsfähig wird. Ich wollte und konnte das ewige „Das haben wir aber immer so gemacht“ nicht mehr ertragen. Dazu kam, dass fast alle Altersgenoss*innen wegzogen, weil sie keine Zukunft in der Region sahen. Ich wollte beitragen, das zu ändern.

Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?

Mir liegen besonders die jungen Frauen am Herzen. Sie waren es im besonderen Maße, die abgewandert sind. Immer noch gibt es zu wenige Frauen in politischen oder zivilgesellschaftlichen Gremien. Wir alle wissen, gemischte Teams spielen besser und gerade junge ostdeutsche Frauen haben da viel beizutragen. Ich achte auf familienfreundliche Rahmenbedingungen und versuche hier die Vorzüge des Ostens mitaufzuzeigen. Ich motiviere und unterstütze junge Menschen in ihrer politischen Entwicklung, besonders Frauen. Gerade auf den kommunalen Ebenen kann man direkt mitarbeiten diese Rahmenbedingungen zu schaffen.

  • 1981

    Rostock

  • Kenosha (USA)

  • Wisconsin (USA)

  • Kristiansand (Norwegen)

  • München

  • Berlin

  • 2021

    Gutglück

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ich fühle mich in erster Linie als Mecklenburg-Vorpommerin, in Mecklenburg geboren, inzwischen aber in Vorpommern zu Hause. Die regionale Verbundenheit ist für mich die enge Beziehung zu den Menschen hier, die nordisch geprägte Kultur und Mentalität, mit der ich mich identifiziere. Daher sehe ich mich auch als Norddeutsche. Ostdeutsch fühle ich mich, wenn es um meine Sozialisation geht. Die Kindheitserinnerung, die Auswirkungen der friedlichen Revolution auf meine Familie und mein Umfeld, und immer dann, wenn ich spüre, dass scheinbare Normalitäten aus nicht-ostdeutscher Perspektive anders wahrgenommen werden, wenn pauschalisiert wird und abgewertet.

Weshalb gibt es noch immer weniger parteipolitisches Engagement in Ostdeutschland und wie möchtest du das ändern?

Ostdeutschland ist meist Flächenland, mit weniger Menschen und weiten Wegen. Es ist für politisches Engagement herausfordernd, wenn zu einer Sitzung eine einstündige Anreise und dann auch wieder Heimreise notwendig ist. Zudem gibt es historisch gesehen Vorbehalte gegenüber Parteien. Neben der stärkeren Nutzung von digitalen Mitteln für die Parteiarbeit ist auch ein offenes Angebot gegenüber Nicht-Mitgliedern zur Mitarbeit nötig. Das funktioniert auf der Ortsebene am besten. So können Vorbehalte gegenüber Parteistrukturen abgebaut werden. Die familienfreundliche Organisation von politischer Arbeit liegt mir dazu besonders am Herzen.

Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?

Als Sprecherin der Landesgruppe Ost der bündnisgrünen Bundestagsfraktion ist es mir wichtig, gemeinsam mit den Kollegen gute Konzepte für die wirtschaftliche Entwicklung der ostdeutschen Regionen zu entwickeln. In den Bundestag haben wir Vorschläge eingebracht, um die Innovations-und Investitionsförderung für strukturschwache Regionen zielgenauer zu machen, haben die Forderungen nach Repräsentanz in den Führungsebenen für Menschen mit ostdeutschen oder migrantischem Hintergrund zu verbessern, um eine vielfältige, offene und tolerante Gesellschaft abzubilden. Wir fordern die zielgenaue Ansiedlung von Bundes- und Forschungseinrichtungen als Anker in den Regionen.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung brauchen wir eine gesamtdeutsche Geschichte, wo regionale Besonderheiten Beachtung finden, aber der gemeinsame Blick nach vorn gerichtet ist: eine Politik, die das Potential strukturschwacher Regionen erkennt und fördert. Gezielte Förderung, die traditionellen Bereiche mit zukunftsorientierten Wirtschaftszweigen kombiniert und Cluster fördert. Dazu braucht es den infrastrukturellen Ausbau, damit sowohl Unternehmen, als auch die Menschen langfristig in den Regionen verbleiben und aktiv diese mitgestalten können. Wir möchten eine Entwicklung der Orte, Städte und Dörfer, die gemeinsam mit den Menschen vor Ort erfolgt. Das ist dann auch nachhaltig.