Wir sind der

Osten

Anke Lehmann

Anke Lehmann ist Dipl. Ingenieurin für Polygraphische Technik. Sie wurde 1968 in Rodewisch im Vogtland geboren. Später hat sie in Hamburg gelebt.

Zurückgekehrt: Anke wohnt aktuell in Chemnitz.

Das Profil teilen:

Weshalb bist du zurückgekehrt?

Gegangen bin ich, um die Leitung einer Produktionsstätte in Hamburg zu übernehmen. Davor hatte ich bereits eine Filiale in Chemnitz geleitet. Das Angebot war beeindruckend für mich. Es war beruflich eine absolut spannende Herausforderung mit riesigem Gestaltungsspielraum. Allerdins war es als alleinerziehende Mutter und mit einem Sohn im Kindergartenalter auch sehr herausfordernd. Allein die Fahrtwege zur Arbeit und die Kosten haben mich stark gefordert. Nach Ostdeutschland zurückgekehrt bin ich zum einen wegen der finanziellen Aspekte, aber auch die Erinnerung an meine gute Schulbildung in Sachsen hat mich dazu inspiriert. Und die Tatsache, dass wir – mein Sohn und ich – uns immer sehr über Autokennzeichen aus der Heimat gefreut haben. Wir hatten Heimweh, ohne es zu wissen.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich stecke Kraft UND Leidenschaft in Gestaltung. Und das unabhängig von der Himmelsrichtung. Seit 2015 gestalte ich schwerpunktmäßig den Kulturwandel in meinem Arbeitsumfeld. Brückenbauen ist dabei mein Fokus – genau wie im privaten Umfeld. Ich möchte verstehen, wo zum Beispiel Vorbehalte, Ängste oder Wut herkommen und welche kommunikativen Brücken die Menschen zueinander finden lassen.

  • 1968

    Rodewisch/ Vogtland

  • Hamburg

  • 2019

    Chemnitz

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

4 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Es ist meine Prägung! Einschließlich der tiefgreifenden Wendeerfahrung. Damals habe ich an der TU Chemnitz studiert und erinnere mich noch sehr gut an die vielen ernsten Gespräche, die wir geführt haben. Zum Beispiel darüber, wie ich mir gewünscht habe, dass die Menschen im Osten bleiben und gestalten. Die Angst damals, die Revolution könnte nicht friedlich bleiben, war groß. Das ist eine Erfahrung, die es wohl so nur in Ostdeutschland gab.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Es hat mich stark gemacht, dass ich bis zur Wende das Thema Frauenrechte gar nicht gebraucht oder gekannt habe. Ich bin gleichgestellt aufgewachsen, habe mich als Frau auch nie klein gemacht. Andere haben mich schon immer als selbstbewusst wahrgenommen. Ein weiterer positiver Aspekt an meiner Herkunft ist der Gemeinschaftssinn. Ich habe viele Jahre Hausaufgaben mit einer Mitschülerin gemacht oder mit ihr für Leistungskontrollen gelernt. Es war selbstverständlich, dass ich mich um vermeintlich Schwächere kümmere. Brüche gab es bei mir und meinen Eltern nicht. Da ich ein technisches Studium gewählt hatte, hat sich durch die Wende fast nichts geändert. Lediglich die sozialistische Betriebswirtschaftslehre ist weggefallen.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Neben Frieden für alle wünsche ich mir für Ostdeutschland und die vielen besonderen Biografien, dass sie gesehen werden. Deswegen freue ich mich sehr über diese Initiative. Es ist schön, wenn Menschen aus ihrem Leben berichten und Positives aufzeigen. Es gehört auch dazu, Dinge anzusprechen, die nicht so gut gelaufen sind. Wichtig für mich ist allerdings, dass immer bewusst geschaut wird:Wwas habe ich daraus gelernt? Wie hat es mich gestärkt? Welche Fähigkeiten musste oder durfte ich mir aneignen. Was kann ich persönlich tun, um zu gestalten? Anders kann es nach meinem Verständnis nicht gehen!