Wir sind der

Osten

Christian Kurzke

Christian Kurzke ist Studienleiter an der Evangelischen Akademie Meißen und 1977 in Eisenach geboren.

Zurückgekehrt: Christian lebt heute in Radebeul.

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Weshalb bist du zurückgekehrt?

Wohnortveränderungen innerhalb Deutschlands standen immer im Zusammenhang mit pragmatischen Entscheidungen: Studium, Job, Liebe. Dass es immer der „Osten“ war, wurde von mir nicht angestrebt, sondern lag an den jeweiligen Möglichkeiten, die sich von anderen positiv unterschieden. Es hätte jedes Mal anders sein können. Die Zeit im Nahen Osten galt dem Entdecken und Lernen, dem Versuch, deutsche wie auch jüdische Geschichte ebenso zu verstehen wie die des Nahen Ostens. Und das Lebensgefühl einer wahrlich multikulturellen Region zu genießen.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Als Studienleiter an der Evangelischen Akademie Meißen leite ich den „Studienbereich Jugend“. In Fachtagungen thematisiere ich die Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen in unserer Gesellschaft, aber auch die Kinder- und Jugendpolitik selbst. Auf vielen Fachveranstaltungen zu ganz unterschiedlichen Handlungsfeldern begegnen sich Fachkräfte, Politiker*innen, Wissenschaftler*innen und Mitarbeitende aus Behörden. Miteinander werden letztlich immer über Gestaltungs- und Teilhabemöglichkeiten nachgedacht und konkrete Schritte angestoßen. Dazu kommt das Querschnittsthema Demokratiestärkung. Meine Arbeit führt mich in verschiedene Ehrenämter, wie bspw. Vorstände, Beiräte oder Jurys.

  • 1977

    Eisenach

  • Israel und palästinensische Gebiete

  • Heute

    Radebeul

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

2 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Vermutlich, weil es für mich eher relevant ist, wo ich gerade lebe. Und dies ist gerade der Osten von Deutschland, in Europa. Mir ist bewusst, dass dies so bleiben kann oder der Lauf des Lebens zu einer Veränderung führt und ich woanders leben werde. Da ich „hier“ lebe, bringe ich mich eben auch „hier“ ein, engagiere mich, diskutiere mit und versuche in der Region zu wirken und „hier“ stattfindende Prozesse zu verstehen und damit umzugehen. Dies würde ich aber auch genauso an jedem anderen Ort der Welt so umsetzen. Denn das bedeutet es für mich, Teil einer Gesellschaft zu sein, natürlich auch mit Blick auf die Wertvorstellungen, welche ich für ein Miteinander als essentiell erachte.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Da sind zum einen Kindheitserinnerungen. Aber zum anderen das Wissen um das unglaubliche Glück der Ereignisse 1989/90, welche mir in der Folge ein freies Leben ermöglicht haben, mit vielen persönlichen Entscheidungsoptionen. Ich empfinde neben dem Glück vor allem eine Verantwortung, daran zu erinnern, wie anders eine Gesellschaft, ein Staat funktionieren und welche Auswirkungen dies auf Einzelne aber auch auf das Miteinander haben kann. Deshalb ist es mir wichtig mich für Demokratie, Teilhabe und Gerechtigkeitsfragen einzubringen, weil nur mit diesen Unmut und (empfundenen) Benachteiligungen entgegengewirkt werden kann. Und manchmal vermisse ich die gute Thüringer Bratwurst oder den Kloß…

Was wünschst du dir für Ostdeutschland?

Leichtigkeit, Zuversicht, Zugewandtheit und Respekt im Miteinander – mit anderen wie auch mit völlig anderen Lebensentwürfen fallen mir da zuerst ein. Ich habe den Eindruck, dass Veränderungen zu oft als belastend, als negativ wahrgenommen werden beziehungsweise vor allem (vermeintliche) Probleme betont werden. Dabei bestehen im offensiven Anpacken von und Zugehen auf Veränderungen zumeist die größten Gestaltungsmöglichkeiten. Im Laufe der Geschichte ist noch nie etwas geblieben wie es war, auch nicht im eigenen kleinen Dorf. Aber am besten wurde es, wenn sich Menschen auf etwas eingelassen, sich für Neues geöffnet haben und gemeinsam den weiteren Weg, den Wandel definiert haben.