Constantin Eckner
Constantin Eckner ist Zeithistoriker und Journalist und 1989 in Plauen geboren und aufgewachsen.
Gegangen: Constantin wohnt aktuell in Berlin.
Foto: Alexander Olenik
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Weshalb bist du gegangen?
Ich habe Ostdeutschland aufgrund meines Studiums verlassen. Das war keine Entscheidung gegen oder für eine bestimmte Region, sondern hing letztlich vom Angebot an den Universitäten, vom intellektuellen Umfeld dieser Institutionen und von meinen persönlichen Vorstellungen ab. Natürlich reizten mich längere Aufenthalte im Ausland, um fremde Kulturen kennenzulernen. Aber andere Beweggründe beeinflussten die Entscheidung zu gehen stärker. Ich glaube, dass viele junge Menschen Fernweh verspüren und sich aus diesem Grund dafür entscheiden, die Heimatregion zu verlassen.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Ich setze mich seit langem als Historiker und Journalist mit der Entwicklung Ostdeutschlands auseinander. Schon während meiner Gymnasialzeit faszinierten mich die Transformationsprozesse im Zuge der deutschen Wiedervereinigung ebenso wie die Transformationsprozesse im zerfallenen Ostblock insgesamt. Ich halte die wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Vorgänge für essentiell, um Verfehlungen, aber auch Dynamiken in den vergangenen 30 Jahren besser zu verstehen. In Vorträgen und Texten versuche ich, mit Analysen meinen Teil zur Aufarbeitung und damit auch zum gesellschaftlichen Diskurs um die Vergangenheit und Zukunft Ostdeutschlands und der gesamten Bundesrepublik beizutragen.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich fühle mich vor allem ostdeutsch, wenn ich mich gerade nicht in Ostdeutschland aufhalte. Eventuell ist es das Verlangen nach dem Anderssein; eventuell werden mir dann schlichtweg regionale Mentalitätsunterschiede stärker bewusst. Als Anfang Zwanzigjähriger habe ich der eigenen Herkunft weniger Bedeutung beigemessen. Mittlerweile nehme ich den Einfluss der Herkunft auf eigene Verhaltens- und Denkmuster intensiver wahr.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Ich glaube, dass mit der Herkunft ein gewisses Maß an Demut einhergeht. Demut vor den Auswirkungen von historischen Prozessen, Demut vor den Vorzügen einer Grundordnung, die individuelle Rechte und Freiheiten hochhält, und Demut vor der Lebensleistung vieler Menschen in Zeiten des Umbruchs. Und aus eben jener Demut und der Wertschätzung gegenüber den vielen positiven Aspekten der Entwicklung nach 1989 speist sich mein Verlangen, sich bestmöglich in gesellschaftliche Diskurse einzubringen – auf welcher Ebene und in welcher Form auch immer.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir vor allem, dass sich langfristig keine Opfermentalität etabliert. Sicherlich gab es seit 1990 viele Versäumnisse bei der Integration der Region in die Bundesrepublik und in Bezug auf den Dialog zwischen Politik und Gesellschaft. Es wurde versäumt, auf die Bedürfnisse und Wünsche der Bürger ausreichend einzugehen. Allerdings hätte es den Menschen in der DDR im Jahr 1989 nicht genützt, hätten sie sich einer Opferrolle gefügt und wären eben nicht aktiv gegen die Missstände vorgegangen. Enttäuschung darf nicht in innere Emigration münden.