Diego Wegner
Diego Wegner ist Verkehrsmeister U-Bahn und 1965 in Berlin geboren und aufgewachsen.
Geblieben: Diego wohnt aktuell in Berlin.
Foto: André Sech
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Weshalb bist du geblieben?
In Berlin lagen Ost und West schon immer sehr dicht beieinander. Ich habe mich nach der Wende immer im Ostteil der Stadt heimisch gefühlt und nie einen Grund gesehen, in einen der Westbezirke umzuziehen. Beruflich war das nicht erforderlich, privat auch nicht. Man kann in der Mentalität der Menschen noch heute Unterschiede zwischen Ost und West erleben, wenn man bei einem Verkehrsbetrieb arbeitet und mal hier, mal dort unterwegs ist. Der Einsatzbereich kennt keine Grenze mehr. Im Gegenteil ist durch mich ein „Wessi“ schon zum „Ossi“ geworden. Der Lebensgefährte, mit dem ich seit 2007 zusammen lebe und der beim selben Verkehrsunternehmen arbeitet, fühlt sich im Osten der Stadt inzwischen auch wohler als im Westen; er erlebt im täglichen Umgang mit den Fahrgästen die Unterschiede genau so hautnah. „Die Ossis meckern viel weniger“, sagt er oft. Ich entgegne dann, das liegt daran, dass wir gelernt haben, auch mit unpässlichen Situationen im Alltag umzugehen und uns damit zu arrangieren, statt gleich zu meckern.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Der Beruf ist hier eher weniger relevant. Ich habe mich schon immer für Publikationen interessiert und erstelle seit den Möglichkeiten des Internets hobbymäßig auch welche selbst. Hier geht es mir um die bisher umfangreichste, das Buch „Konspirative Liebe“. Bisher wurde uns sehr oft von Leuten erklärt, wie die DDR funktioniert hatte, die sie gar nicht persönlich kennen gelernt hatten. Nicht selten sind das Hochschulabsolventen aus der „Alt-BRD“. Durch die fehlenden Alltagsefahrungen wird Etliches falsch dargestellt. Mit meinem Buch will ich den Alltag so realitätsnah wie möglich erzählen, dabei gestützt auf sehr viele historische Fakten.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Es sind bestimmte Dinge, die einen Mensch prägen. Ich war 25, als die DDR zur Geschichte wurde. Einige Tugenden – vor allem gegenseitiger Respekt und gegenseitige Unterstützung –, die wir in der DDR von klein auf vermittelt bekamen, fehlen heute in der manchmal verrohten Ellenbogen-Gesellschaft. Dann gibt es auch noch ein paar Begriffe, die heute nur noch wenige Leute kennen, die damals aber fast jeder DDR-Bürger kannte. Ich beschreibe sie am Anfang meines Buches in einer Art Mini-Lexikon. Nicht zuletzt habe ich auch noch ein paar robuste Haushaltsartikel von damals.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Es wäre schön, wenn bestimmte Werte, die wir in der DDR lernten, wieder in ganz Deutschland selbstverständlich werden, den Umgang miteinander (und nicht immer in Konkurrenz gegeneinander) betreffend. Es wäre auch schön, wenn Massenmedien bei der historischen Berichterstattung nicht fallweise die damals westliche Sicht bevorzugen, sondern sie gleichberechtigt neben die Sicht der damaligen DDR stellen. Ich konnte für „Konspirative Liebe“ zum Beispiel in sehr vielen Ausgaben der „Tagesschau“ im Internet recherchieren, aber nur in ganz wenigen Sendungen der „Aktuellen Kamera“ (die in den Mediatheken kaum frei verfügbar waren).