Dörte Kaschdailis
Dörte Kaschdailis ist Managing Partner und 1977 in Stralsund geboren, in Barth aufgewachsen und hat später in Schleswig-Holstein und Hamburg gelebt.
Gegangen: Dörte wohnt heute in München.
Foto: Photographie Nell Killius
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Weshalb bist du gegangen?
Ich war knapp 13 Jahre alt, als alles anders wurde. Eigentlich „wurde“ ich eher gegangen, wie man so schön sagt. Es war Usus, dass nach dem Abi eine Ausbildung ansteht. Fast keiner meiner Klassenkollegen ist direkt ins Studium gegangen. Also hab auch ich eine Ausbildung im Büro in Schleswig-Holstein gemacht – ganz brav. Nach kurzer Rückkehr zog es mich aber raus in eine größere Stadt – Hamburg. Mir wurden die Augen geöffnet, was alles möglich ist – der Horizont wurde sehr groß. Ich habe meinen gut bezahlten Bürojob geschmissen und bin studieren gegangen. Die Internationalität meines Studiums hat mich in die Welt getrieben.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Vor ziemlich genau drei Jahren habe ich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und eine Beratungsagentur gegründet. Seit Jahren bewege ich mich im E-Commerce / Stationären Handel mit Schwerpunkt Sport- und Fashion und seit Jahren gilt meine Leidenschaft dem operativen Backend. Ich bin als Person jemand, der gern offen und direkt die Sachverhalte anspricht und auch die unangenehmen Wahrheiten auf den Tisch bringt. Im Handel schreitet die Digitalisierung mit großen Schritten voran, mit opexxia bringen wir den Wandel auch an die Basis, in die Prozesse und Arbeitsweisen der Kollegen, die nicht im „chicen“ Marketing arbeiten: Buchhaltung, Lagerlogistik, Disposition … um nur einige zu nennen.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Schade, dass es kein JEIN gibt ;-). Ich fühle mich ostdeutsch und sehr stark norddeutsch. Ich fühle, dass meine Herkunft von der Ostsee mich stark geprägt hat. Ich liebe die Region Nordvorpommern, diesen frischen Wind gibt es nicht im Rest der Republik. Ich mag die Menschen, auch wenn wir aufgrund unserer individuellen Geschichten unterschiedliche Ansichten haben. Ich habe vor allem tiefen und großen Respekt vor den Ostdeutschen, die diese Umkehr der Wirklichkeit durchgemacht haben, und ich bin gern ein kleiner Teil davon. Ich fühle einfach Heimatliebe, wie viele Menschen, denke ich.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Das ist eine interessante Frage. In der Reflektion würde ich schon sagen, dass es sehr prägend war/ist. Ich komme aus einem einfachen Haushalt und zu DDR Zeiten gab es nicht viel. Das realisiere ich auch gerade im Vergleich zu der Kindheit meines bayrischen Partners. Nach der Wende gab es eine Unsicherheit, sowohl im privaten,als auch im öffentlichen Raum. Ich sag immer „es gab ja keine Englischlehrer, der Lehrer hat Mittwochabend das gelernt, was er uns Donnerstag beigebracht hat“. Aus diesen Erfahrungen stammt auch der Pragmatismus, welchen ich mir bewahrt habe. Einfach die Dinge mal angehen und ausprobieren, offen und kreativ sein.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir für Deutschland, dass es egal ist, wo man herkommt, und regionale Vorurteile wirklich nur mit einem Augenzwinkern stattfinden. Für meine Heimat wünsche ich mir mehr Anerkennung der Leistung nach der Wende. Klar wird die friedliche Revolution von 1989 weltweit gefeiert, aber der Marathon kam danach und währt an. Ich wünsche mir tiefen Respekt vor diesen Biografien und ich wünsche mir auch mehr „Zuhören“, mehr Empathie und mehr Humor im Umgang miteinander. Für die Region Nordvorpommern wünsche ich mir, dass die wunderbare Natur erhalten bleibt, so wie sie ist. Ich wünsche mir, dass das Ursprüngliche, das Wahre, das Spröde und das Langsame meiner Heimat meine Kinder prägt.