Gundula Zoch
Gundula Zoch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem Forschungsinstitut und 1986 in Dresden geboren, in Radeberg aufgewachsen, hat später in Leipzig, London und Bamberg gelebt.
Zurückgekehrt: Gundula wohnt heute in Berlin.
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Weshalb bist du zurückgekehrt?
Ich habe in Leipzig Soziologie und VWL studiert. Diese tolle Stadt wollte ich eigentlich nie verlassen. Gerade in den Sozialwissenschaften gibt es aber leider kaum Stellen. Für meine Promotion bin ich daher erst nach Berlin, später nach Bamberg gegangen. Dort hatte ich mit einem Promotionsstipendium an einer unglaublich gut ausgestatteten Graduiertenschule unglaubliche Bedingungen, die es im Osten nur sehr vereinzelt gibt. Nun arbeite ich am Leibniz Institut für Bildungsverläufe in Bamberg. Wann ich zurückgekehrt bin? Seit dem Ende meines Studiums kehre ich jede Woche in den Osten zurück – zunächst nach Leipzig, heute nach Berlin. Wie viele andere bin ich Wochenendpendler.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Ich untersuche in meiner Forschung den Einfluss von familienpolitischen Reformen in Ost- und Westdeutschland. Zum Beispiel habe ich die Erwerbstätigkeit von Müttern mit kleinen Kindern im Zuge des Krippen- und Kitaausbaus untersucht. Meine Forschung zielt darauf ab, Wirkungen von Politik sichtbar zu machen, zu bewerten und unter Umständen auch auf Probleme in den Auswirkungen, z.B. hinsichtlich der sozialen Ungleichheit, aufmerksam zu machen.
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich untersuche soziale Unterschiede in der Erwerbstätigkeit und in Einstellungen – auch zwischen Ost und West. In meinen beruflichen Stationen war ich häufig die einzige Ostdeutsche. Dabei habe ich immer wieder bemerkt, dass westdeutsche Kollegen häufig nur wenig über die vergangenen und aktuellen Entwicklungen im Osten wissen. 30 Jahre nach dem Mauerfall gehen vor allem jüngere Kollegen häufig von ähnlichen Bedingungen in Ost und West aus. Daher kommt es in der Forschung nicht selten vor, dass Fragestellungen exemplarisch und aufgrund mangelnder Daten für den Osten nur für Westdeutschland untersucht werden. Hier brauchen wir bessere Daten und differenziertere Untersuchungen!
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Meine Familie hat vom Mauerfall beruflich und privat sehr profitiert: interessante Jobs, ein Haus, viele Reisen – für meinen älteren Bruder viele Jahre im Ausland. Dafür pendelte mein Vater seit Mitte der 90iger bis zu seiner Rente in den Westen. Montags hin, freitags zurück, jede Woche 900km. Meine Mutter kümmerte sich, Vollzeit berufstätig, daheim um alles allein. Alle drei haben mich sehr geprägt: immer offen, interessiert, selbstständig und vor allem mobil zu sein. Klar ist dies manchmal aber auch bedrückend, wenn 3 von 4 aus der Familie in Bayern arbeiten – ohne vergleichbare berufliche Möglichkeiten in der Heimat. Obwohl oder vielleicht auch gerade weil man so gut qualifiziert ist.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir, dass junge Menschen im Osten die gleichen Chancen wie im Westen haben, um ihre Wünsche und Träume zu realisieren. Dazu gehört eine gute Ausbildung aber auch die Möglichkeit, diese auf dem Arbeitsmarkt einbringen zu können. In Ostdeutschland sind die Bedingungen dafür aber noch immer schlechter als im Westen. Und auch innerhalb Ostdeutschlands gibt es enorme Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Regionen. Dabei ist gerade dieses junge Potential enorm wichtig – nicht nur aus wirtschaftspolitischer sondern vor allem auch aus gesellschaftspolitischer Perspektive. Wir brauchen diese jungen Menschen!