Hans-Dieter Heuer
Hans-Dieter Heuer ist 1957 in Petershagen (Weser) geboren und später nach Ostdeutschland gezogen.
Rübergemacht: Hans-Dieter wohnt aktuell in Lubmin , wo er als Leiter für Öffentlichkeitsarbeit/Marketing/Presse am Theater Vorpommern arbeitet.
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Weshalb hast du in den Osten rübergemacht?
Ich habe meinen Beruf gewechselt. Zuvor war ich Studienrat in West-Berlin und 18 Jahre an einer deutschen Auslandsschule, hatte aber schon ehrenamtlich am Theater im Ostteil von Berlin und in Rostock gearbeitet. Ich war aber auch vor der Wende viel in der DDR, in der CSSR und in Ungarn, hatte auch dabei gute Freunde im Osten kennengelernt. Die DDR war für mich also kein weißer Fleck. Aus dem Ausland habe ich mich für einen Berufswechsel ans Theater entschieden und mein erstes Haus lag halt zufällig in Ostdeutschland (berufliches, aber nicht geografisches Neuland). Heute fühle ich mich als Vorpommer.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Mir sind beruflich unsere internationalen Projekte im Ostseeraum und mit Polen sehr wichtig. Es ist für mich eine schöne Vorstellung, dass eines nicht mehr allzu fernen Tages das Verhältnis gerade zu den Nachbarn im Osten Europas so innig wird, wie ich das als früherer Wessi in der westlichen Richtung erlebt habe. Ich habe auch vor, selbst als Rentner hier zu bleiben, weil ich die Gegend nicht nur landschaftlich schön finde, sondern auch das große Potential Richtung Osten sehe.
Glaubst du, Menschen in Ostdeutschland können besser mit Veränderungen bzw. Wandel umgehen?
Fühlst du dich ostdeutsch?
Ja. Ich mag die Mentalität der Region und Vorpommern liegt nun mal im Osten. Ostdeutschland ist meine Heimat geworden und ich habe mit den Menschen hier extrem viel Positives erlebt. Mich beunruhigen allerdings die rechten Gedanken, die im Osten verbreiteter sind als im Westen. Aber ich will hier mithelfen, dagegen zu halten.
Welche Erfahrungen hast du in Ostdeutschland gemacht?
Mir ist an der Auslandsschule Unverständnis entgegengeschlagen: „Wie können Sie als engagierter Mensch nach Dunkeldeutschland gehen, wo die Leute sich nur aus dem Fenster lehnen und zuschauen, wie andere einparken?“ war wohl das schlimmste Vorurteil.
Ich hingegen habe sehr engagierte Mitarbeiter*innen in meiner Abteilung kennengelernt mit einer großen menschlichen Wärme. Sicherlich hätte man sich manchmal gewünscht, dass sie nicht so vorsichtig gewesen wären, eigenen Ideen einzubringen, aber meine Ideen haben sie brillant umgesetzt.
Glaubst du, Westdeutsche hatten nach der Wiedervereinigung im Osten Vorteile?
Es gibt eindeutig Leute, die im Osten Karriere gemacht haben, die sie im Westen niemals gemacht hätten. Darunter waren auch viele eher schwache Geister. Aber das ist nur ein begrenzter Teil der Menschen, auf den rückblickend leider zu oft geschaut wurde. Es gab auch die positiven Unterstützer.
Aber: Die „Buschzulage“ für die Arbeit in Ostdeutschland ist an sich schon ein Unding gewesen, denn man hatte ja auch die spannende Aufgabe des Aufbaus. So etwas musste vor Ort falsch verstanden werden.
Was hast du in Ostdeutschland gelernt?
Ich habe das Gefühl, dass ich Deutschland besser kenne als Leute, die immer nur in Westdeutschland gewesen sind. Enttäuschungen und Frustrationen der Ostdeutschen versteht man sehr gut, wenn man hier wohnt. Die Menschen waren hier weniger oberflächlich, auch wenn sie manchmal zu wenig Optimismus und Selbstwertgefühl hatten. Nur da, wo manche alle Schuld für Defizite im eigenen Leben den Wessis anlasten wollen, entwickelt sich manchmal so eine Art Selbstmitleid, das nicht positiv rüberkommt.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Dass Ostdeutschland die erkämpften Werte von Freiheit und Demokratie verteidigt und nicht totalitären Kräften von rechts das Feld teilweise überlässt. Man hat ehedem für Werte gekämpft, die man jetzt zu fahrlässig verspielen könnte. Ich wünsche mir ein weltoffenes Ostdeutschland, was sich europäisch sieht und als deutsche Brücke zu unseren osteuropäischen und nordeuropäischen Nachbarn.