Wir sind der

Osten

Ina Remmers

Ina Remmers ist Gründerin von nebenan.de und 1983 geboren in Zwickau, aufgewachsen in Hartenstein (Erzgebirge) und Unterböhringen (Schwäbische Alb).

Gegangen: Ina wohnt aktuell in Berlin Grünau.

Das Profil teilen:

Weshalb bist du gegangen?

Ich war gerade einmal sechs Jahre alt, als die Mauer fiel. Meinen Eltern war schnell klar, dass kaum etwas bleiben würde, wie es war. Nachdem mein Vater mehr als ein halbes Jahr zwischen unserem Heimatort in Sachsen und Baden-Württemberg gependelt war, stand der Umzug in ein 700 Seelendorf auf der Schwäbischen Alb an – Kulturschock inklusive. Völlige Überforderung im Supermarkt, Ellenbogen-Mentalität schon in der Schule, die große Bedeutung des Äußeren, Neuwagen zum 18ten… alles Dinge, die ich zwar nicht verstand, aber mit denen man umzugehen lernt. Vielleicht hat es mich auch deshalb mit 19 nach Berlin gezogen. Lernen, ich zu sein, statt mich ständig anzupassen.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich bin im Osten geboren und ab dem 7. Lebensjahr auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen. Gute Nachbarschaft war für mich zunächst immer selbstverständlich. Alle kennen und helfen sich. Nach dem Abi bin ich in das häufig anonyme Berlin gezogen. Um Nachbar:innen zu vernetzen und der Einsamkeit entgegenzuwirken, habe ich 2015 nebenan.de gegründet. Eine Nachbarschaftsplattform, die das Gefühl von Zugehörigkeit, Vertrauen und Verbundenheit stärkt. Dafür wurde ich 2020 bei den German Startup Awards als „Beste Gründerin“ ausgezeichnet. 2003 habe ich u.a. mit Claudia Kotter den gemeinnützigen Verein „Junge Helden” gegründet, der über Organspende aufklärt. Bis heute ein Herzensthema.

  • 1983

    Zwickau

  • Hartenstein (Erzgebirge)

  • Unterböhringen (Schwäbische Alb)

  • Berlin

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

3 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ich bin ostdeutsch erzogen und zugleich westdeutsch sozialisiert. Auch wenn es nicht immer einfach war, bin ich extrem dankbar für beides. Ich bezeichne mich daher gerne als Wendekind. Denn wir sprechen von einer ganzen Generation, die diese Herausforderung, im Kindesalter entwurzelt worden zu sein, zu meistern hatte.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Ich erinnere mich an das Gefühl der gegenseitigen Solidarität. Dass das auch dazu führen kann, dass man aus der Masse nicht herausstechen möchte und möglichst versucht, nicht aufzufallen – das war mir als Kind nicht bewusst. Das Beispiel meiner Eltern, die nach der Wende einen kompletten Neuanfang gewagt haben, ist für mich bis heute Vorbild. Weil es nie zu spät ist, um neu anzufangen und man als Familie auch große Umbrüche meistern kann. Zudem bin ich ohne Stereotype aufgewachsen. Ohne das ständige Gefühl, ein Mädchen, eine junge Frau zu sein und deswegen – so bitter es klingt – in irgendeiner Form meines Denkens und Handelns begrenzt zu sein. Das hilft mir bis heute.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Ein Miteinander auf Augenhöhe. Respekt und Anerkennung für die Generation, die sich die Freiheit erkämpft und dafür teilweise bitter mit einem wirtschaftlichen Abstieg bzw. dem Gefühl, nicht gebraucht zu werden, bezahlt hat. Ich wünsche mir junge, mutige Ostdeutsche, die draußen in der Welt oder Zuhause etwas verändern wollen. Die mit ihrem Know-How und ihrer Aufrichtigkeit die Chefetagen des Landes erobern.

Wir sind der

Osten