Wir sind der

Osten

Jan Böttger

Jan Böttger ist Politik- und Kommunikationsberater und 1977 in Erfurt geboren.

Geblieben: Jan lebt heute in Berlin.

Foto: Marc-Steffen Unger

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Weshalb bist du geblieben?

Ehrlich gesagt war das keine bewusste Ost-West-Entscheidung. In meiner Familie gibt es Wessis, die jetzt Ossis sind, und Ossis, die jetzt Wessis sind. Meine Mutter wurde im Westen geboren und ist mit ihrer Familie in jungen Jahren, noch vor dem Mauerbau, in den Osten gezogen. Dafür ist ein Teil der Familie meines Vaters zu DDR-Zeiten in den Westen abgehauen. Deswegen bin ich da wahrscheinlich pragmatisch: Ich habe in Jena studiert, weil die eine gute Uni haben. Ich bin nach Berlin gezogen, weil da die Politik zu Hause ist. Nach Friedrichshain und Prenzlauer Berg bin ich gezogen, weil da am meisten los war. Nach Pankow, weil die Miete günstiger war. Ich arbeite in Kreuzberg.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich gestalte permanent kleine bis große Wenden mit – ob Klimawandel, digitaler Wandel, Energie- oder Verkehrswende. Meine Kunden beauftragen mich immer dann, wenn sie sich selbst verändern wollen oder verändern müssen, auf Grund von politischem oder gesellschaftlichem Druck. Dann bin ich derjenige, der damit verbundene Risiken und Chancen einschätzt und den besten Weg sucht, damit die Veränderung gelingt. Dabei hilft mir, dass ich neugierig bin, Dinge verstehen will, interessiert daran bin was andere denken. Daraus mache ich dann Analysen, Szenarien, Strategien, Botschaften, Kommunikation.

  • 1977

    Erfurt

  • Jena

    Gib hier den Inhalt des Meilensteines

  • Heute

    Berlin

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

4 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Super schwierig zu beantworten. Rational weiß ich natürlich, dass ich aus dem ehemaligen Osten stamme. Ich habe viele Übermittlungen und auch noch Eindrücke aus dieser Zeit. Ich ärgere mich, wie über „den Osten“ gesprochen wird und welche Klischees nach 30 Jahren immer noch herrschen. Das hat aber eher etwas mit eigenem Erleben und Gerechtigkeitssinn zu tun, denke ich. Mir sind die Menschen aus Thüringen und Erfurt nahe. Ich fühle mich sofort wohl, wenn ich einen treffe. Das hat wahrscheinlich etwas mit Sozialisation und Heimat zu tun. Und seit 15 Jahren wohne ich in Berlin, meine Kinder sind Berliner. Hier bin ich zu Hause.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Ich habe klassische Wendeerfahrungen aus meiner Sicht eher beobachtet – an meinen Eltern. Da kamen auch viele Dinge verzögert. Da wurden Uni-Abschlüsse nicht anerkannt, der stets sichere Job war weg und so weiter. Aber wenn ich eins aus der Zeit mitnehme, dann war das eher ein Gefühl des Anpackens, des Aufbruchs. Meine Eltern haben sich weitergebildet, selbst Sachen beigebracht, neue Jobs gesucht, wurden Unternehmer und leitende Angestellte. Das, was sie sich in der DDR schon einmal erarbeitet hatten, haben sie sich noch einmal aufgebaut. Uns ging es aus meiner Sicht immer gut. Dieses anpackende, Veränderungen anzunehmen, selbst zu gestalten, das ist meine Wendeerfahrung.

Was wünschst du dir für Ostdeutschland?

Ich wünsche allen in Deutschland die Neugier, neue Orte zu erkunden, möglichst viele persönliche Begegnungen mit Unbekannten zu suchen und die Offenheit, andere Erfahrungen und Meinungen zu respektieren. Dann wird alles gut.