Jochen Markett
Jochen Markett ist 1979 in Mönchengladbach geboren, in Viersen aufgewachsen und später nach Ostdeutschland gezogen.
Rübergemacht: Jochen wohnt aktuell in Potsdam. Er ist Medientrainer, Realsatiriker und Veranstalter.
Foto: Andi Weiland
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Weshalb hast du in den Osten rübergemacht?
Den Schritt raus aus NRW habe ich erst mit 30 Jahren geschafft – mit meinem Umzug nach Berlin (allerdings Kreuzberg, also Westteil). Die Stadt hat mich mit ihrem Versprechen von genau der Freiheit angelockt, die ich 2010 beruflich und privat gesucht habe. 2017 zog es mich dann weiter nach Potsdam, weil das bis heute meine Glücksstadt ist. Hier habe ich geheiratet, hier habe ich eine Wohnung im faszinierenden Babelsberg sowie ein Büro am See gefunden. Die Stadt begeistert mich, mit ihrer Natur, ihrem Weltkulturerbe und ihrer bedeutenden Geschichte.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Als Gründer des Portals „Realsatire“ bekämpfe ich den Ernst des Lebens und versuche, Menschen durch Absurditäten des Alltags zum Lachen zu bringen. Als Organisator und Moderator des „Reporter Slam“ bringe ich Journalisten in ganz Deutschland auf die Bühne. Die erzählen dann von ihren Recherchen. Dadurch erreichen wichtige Geschichten ein größeres Publikum. Und wir zeigen in Zeiten von „Fake-News-Vorwürfen“ und Medien-Erlöskrise, was für ein vielfältiger und auch unterhaltsamer Beruf Journalismus ist.
Glaubst du, Menschen in Ostdeutschland können besser mit Veränderungen bzw. Wandel umgehen?
Fühlst du dich ostdeutsch?
Nein. Ich beschäftige mich zwar mit kulturellen Prägungen, unter anderem weil ich mit einer Osteuropäerin verheiratet bin. Ob ich mich selbst west- oder ostdeutsch fühle, frage ich mich aber fast nie. Einzige Ausnahme: Sobald der Karneval beginnt, erwärmen die Lieder mein Herz und ich muss für ein paar Tage ins Rheinland fahren!
Welche Erfahrungen hast du in Ostdeutschland gemacht?
Familie und Freunde aus NRW bedauern manchmal, dass ich so weit weg wohne, verstehen aber die Begeisterung für Potsdam. Die Freunde aus Berlin wiederum freuen sich, dass ich so nah wohne. Meine Erfahrungen vor Ort sind in jeglicher Hinsicht positiv. Die Tatsache, dass ich in Ostdeutschland lebe, spielt im Alltag keine Rolle und wird mir auch nur selten vor Augen geführt, zum Beispiel wenn ich an Orten bin, die früher von der Mauer geprägt waren: im Park Babelsberg oder an der Heilandskirche in Sacrow.
Glaubst du, Westdeutsche hatten nach der Wiedervereinigung im Osten Vorteile?
Ja. Westdeutsche hatten dann einen Vorteil, wenn sie viel Kapital hatten und es in wertvolle, aber oft stark heruntergekommene Gebäude investieren konnten (prominentestes Beispiel in Potsdam: Günther Jauch). In meiner Generation (Jahrgang 1979) sehe ich beruflich zwar keine Erfolgs-Unterschiede zwischen Wessis und Ossis in Brandenburg. Aber beim Immobilienerwerb könnte Erbe aus Westdeutschland noch zu Vorteilen führen.
Was hast du in Ostdeutschland gelernt?
Mich faszinieren die Debatten, die Potsdam über den Umgang mit seiner von historischen Brüchen geprägten Architektur führt (z.B. Stadtschloss, Hotel Mercure, Garnisonkirche). Mir fällt keine westdeutsche Stadt ein, in der die bewegte neuzeitliche Geschichte so sichtbar ist. Mich berühren die Informationsstellen, die mich bei Spaziergängen immer wieder an Maueropfer und an die Teilung allgemein erinnern.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir Stadtplanungen, die eine Versöhnung mit historischen Brüchen ermöglichen, gepaart mit wirtschaftlichem Fortschritt, so dass ein Gemeinschaftsgefühl für alle in Ostdeutschland entstehen kann – egal, woher sie kommen.