Wir sind der

Osten

Jonathan Manti

Jonathan Manti ist Student:in 1998 in Berlin-Charlottenburg geboren und in Falkensee aufgewachsen.

Geblieben: Jonathan wohnt aktuell in Potsdam.

Foto: Laurin Schmid / bundesfoto / DSEE

Das Profil teilen:

Weshalb bist du geblieben?

Ich bin geblieben, weil ich mit und in Brandenburg aufgewachsen bin. Hier kenne ich Strukturen, Menschen und Entwicklungen, kann sie gut einschätzen und verstehen. Im globalisierten Zeitalter einer immer schneller werdenden Informationsgesellschaft tut es mir auf persönlicher Ebene gut, hier einen Ruhepol zu finden. Aber noch wichtiger ist es mir, mein Zuhause und die Werte, die ich mit ihm verbinde, zu verteidigen, mich für eine vielfältige Gesellschaft einzusetzen und zu zeigen, dass Offenheit, Respekt und Herzlichkeit eben nicht an Stadt oder Land, den Osten oder den Westen gekoppelt, sondern überall da möglich sind, wo Menschen Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich versuche, zu verstehen, was in der Gesellschaft schief läuft und wie ich das ändern kann. Manchmal sind das ganz klare Sachen wie das Nettogehalt auf dem Konto oder die Tatsache, dass der letzte Supermarkt auf dem Dorf dicht macht. Manchmal muss man aber auch mehr in die Tiefe gehen und sich die Hintergründe von dem anschauen, was die Menschen bewegt. Das erforsche und erlebe ich im Studium, im Ehrenamt in Vereinen oder auch in der Kommunalpolitik bei mir in der Stadt.

  • 1998:

    Berlin

  • Falkensee

  • Potsdam

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

0 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ich bin als Kind wohl häufiger auf Usedom im Urlaub gewesen, als ich jemals Westdeutschland besucht habe und für mich macht die Ente „nak-nak“ und nicht „quak-quak“. Ich fühle mich aber auch unfreiwillig ostdeutsch, wenn ich Unterschiede auf dem Rentenkonto oder bei Wahlergebnissen sehe oder auf einer „bundesweiten“ Veranstaltung mal wieder die einzige Person aus dem Osten bin.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Obwohl ich selbst wirklich privilegiert aufgewachsen bin, habe ich durch die ostdeutsche Herkunft meiner Familie eine stärkere Sensibilisierung für Ungerechtigkeit und Brüche im Leben. Ich habe live und hautnah mitbekommen, wie es mancherorts salopp gesagt den Bach runtergegangen und Menschen vieles, was ihre Identität geprägt und ausgemacht hat, unter den Füßen weggezogen worden ist. Das hilft mir bei dem Versuch, mich in andere Menschen und Gruppen hineinzuversetzen und zu verstehen, warum jemand unzufrieden mit der eigenen Situation ist.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Ich wünsche mir, dass die Menschen hier trotz aller so empfundenen und oftmals realen Ungerechtigkeiten aufhören, in den Reflex zu verfallen, die Schuld bei denen zu suchen, die ihnen nicht weiß, nicht deutsch, nicht männlich genug sind. Die DDR-Diktatur hat sich jahrzehntelang auf einfache Aussagen, Antworten und Parolen gestützt und vielen damit aufgewachsenen Ostdeutschen fällt es ganz offensichtlich bis heute schwer, sich davon abzuwenden und sich differenziert mit Themen auseinanderzusetzen. Ich wünsche mir aber genauso, dass Menschen aus Westdeutschland aufhören, von oben herab zu reden und ihrerseits „den“ Osten zu pauschalisieren.