Wir sind der

Osten

Julia Menger

Julia Menger ist Radio-Moderatorin und 1982 in Bautzen geboren, in Brandenburg/Havel und in Dresden aufgewachsen.

Zurückgekehrt: Julia lebt heute in Leipzig und Potsdam.

Foto: Stefan Wieland

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Weshalb bist du zurückgekehrt?

Ausschlaggebend war die Geburt meiner Tochter. Plötzlich wollte ich wieder heim, auch wenn ich Monate vorher noch geschworen hatte: “Nie wieder Osten!” Aber hier sind meine Leute, hier komm ich her und hier riecht es im Wald nach Kindheit.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich unterhalte im besten Fall so, dass jemand vorm Radio nickend lächelt – oder mir lachend ’nen Vogel zeigt. Als Quoten-Ossi, selbst beim Berliner Radio, lege ich Wert auf “dreiviertel 7” und Kindheitserinnerungen ohne (N)Ostalgiequatsch. Jedem, der mir zuhört, erzähle ich, wie gerne ich wieder hier zuhause bin und wie sehr ich mir wünsche, dass “der Osten” so hell strahlend wahrgenommen wird, wie er ist.

  • 1982

    Bautzen

  • Brandenburg/Havel

  • Dresden

  • München

    Gib hier den Inhalt des Meilensteines

  • 2019

    Leipzig und Potsdam

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

3 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ich würde mich eigentlich gern weniger explizit ostdeutsch fühlen, ich hätte nichts gegen eine gesamtdeutsche Identität. Im Alltag merke ich aber, wie groß die Unterschiede in Mentalität und Traditionen doch noch sind – und eigentlich ist das auch okay. Ich bin zB ganz selbstverständlich arbeitende Mutter ohne Gewissenskonflikte, weil ich es schon von meiner Mutter nicht anders kenne. Und natürlich gehört zum Schulanfang eine Riesenparty!

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Ich habe großes Glück, die Wende mit sieben/acht Jahren erlebt zu haben. Einerseits habe ich konkrete Erinnerungen an den Alltag in der DDR (allesamt schön, immerhin war es meine Kindheit) und andererseits hatte ich alle Freiheiten und Privilegien, die ihr Untergang mit sich brachte. Meine Familie hatte Glück, denn große Brüche im Sinne von Enttäuschungen gab es nicht, sicher aber die ein oder andere Überforderung. Mir stand die Welt offen, das habe ich genutzt und mich dabei oft gefragt, was ich getan hätte, wäre ich 1989 älter gewesen. Wäre ich geflohen oder treu geblieben? Wäre ich so glücklich wie heute?

Was wünschst du dir für Ostdeutschland?

Ein besseres Image. Jetzt klinge ich wie jeder Ministerpräsident aus jedem ostdeutschen Bundesland, aber ich merke, wie wenig die Leute überhaupt wissen – und wissen wollen – und wie schnell Klischees vom sächselnden Dummchen auch heute noch gezückt werden. Für den Osten selbst wünsche ich mir mehr Selbstbewusstsein, weniger in Form von Nationalstolz, mehr als Selbstverständnis vor dem Hintergrund der letzten 30 Jahre. Was hier los war! Was hier geschafft und geschaffen wurde! Wahnsinn! Und es ist ja immernoch so viel zu tun…