Wir sind der

Osten

Julius Fischer

Julius Fischer ist Schriftsteller und Unterhalter und 1984 in Gera geboren und in Dresden aufgewachsen.

Geblieben: Julius lebt heute in Leipzig.

Foto: Enrico Meyer

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Weshalb bist du geblieben?

Ich wollte nicht in Dresden bleiben, weil ich das Gefühl hatte, dort fertig zu sein. Mir war es etwas langweilig, zu klein, auch im Denken. In Leipzig habe ich einen Ort gefunden, an dem ich mich zu Hause fühle. Es ist eine junge lebendige Stadt voller Kultur und Kunst.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich versuche mich im Zuge meiner Arbeit, aktuellen Themen zu widmen und diese komisch aufzuarbeiten. Dabei ist es mein Ansatz, die Leute zum Nachdenken anzuregen.
Nachdenken über die Themen der Gegenwart und Zukunft, ohne dabei in diesen Kreislauf der Rage hinein zu geraten, den heute fast jeder öffentliche Diskurs mit sich bringt.
In Bezug auf Diskriminierung, Sexismus und Rassismus überprüfe ich meine Aussagen (privat und künstlerisch) immer wieder aufs Neue, um weder in Muster zu rutschen noch beabsichtigt oder unbeabsichtigt auszugrenzen.
Ich versuche mit den Dingen, die ich tue, aktiv demokratiefeindlichen Kräften entgegen zu wirken.

  • 1984

    Gera

  • Dresden

  • Heute

    Leipzig

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

3 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ich habe nie in diesen Kategorien gedacht. Ich bin hier geboren und lebe hier, weil es mir gefällt und ich glücklicherweise nicht fliehen muss (aus welchen Gründen auch immer). Ich muss aber meine Herkunft niemandem gegenüber verteidigen.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Ich nutze auf der Bühne hin und wieder ostdeutsche Dialekte, um Figuren zum Leben zu erwecken. Das würde ich aber auch im Bayrischen oder Schwäbischen machen. Aber ich bin nun mal hier geboren. Während der Wende war ich ein Kind. Ich kann mich an kaum etwas erinnern, nur an marschierende Nazis auf der Augustusbrücke. Das hat mich geprägt, dieses befremdliche uniforme und wütende. So wollte ich nicht sein.
Meine Eltern sind im Kulturbereich tätig. Dementsprechend gab es natürlich in ihren Biografien die ein oder andere Enttäuschung. Im Großen und Ganzen waren sie aber dem gesellschaftlichen Wandel offen gegenüber eingestellt und sind damit auch gut klar gekommen.

Was wünschst du dir für Ostdeutschland?

Dass die Wut verschwindet. Und die Angst, nicht genug zu bekommen.
Dass die Menschen wieder mehr das Gefühl bekommen, gesehen zu werden. Ich kann das nur aus meiner Perspektive beschreiben, aber ich habe in den vergangenen 15 Jahren mit so vielen tollen jungen und alten Menschen zusammen gearbeitet, die alle hier leben, die ihr Ding, ihre Kunst, ihr Handwerk einfach machen. Das ist manchmal schwer, Geld fehlt häufig, aber was nicht fehlt, sind Begeisterung und Können. Ich wünsche mir, dass es einen größeren Austausch zwischen Städten und Umland gibt, einen Austausch, der sich nicht auf den Wochenendausflug oder Weihnachtsmarkt beschränkt, sondern echten Austausch ohne Barrieren.