Karamba Diaby
Dr. Karamba Diaby ist Mitglied des Bundestages sowie Integrationsbeauftragter (SPD) und 1961 in Marsassoum (Senegal) geboren.
Rübergemacht: Karamba wohnt aktuell in Halle.
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Weshalb bist du rübergemacht?
Mit Mitte 20 erhielt ich ein Stipendium zum Studium in der damaligen DDR. Ich habe dann Chemie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg studiert und auf dem Gebiet der Geoökologie promoviert. Nach der Ausbildung blieb ich in Halle. Mit meiner Frau und unseren beiden Kindern lebe ich noch heute in Halle. Ich bin sehr froh, mich heute als Bundestagsabgeordneter für diesen Wahlkreis einsetzen zu dürfen.
Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?
Ich bin im Senegal geboren und habe mich bereits als junger Mann in der Schule und später an der Uni für soziale Themen, wie Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit eingesetzt. Nach dem frühen Tod meiner Eltern (als ich noch ein kleines Kind war) haben mich meine 17 Jahre ältere Schwester und ihr Mann aufgenommen und sich um mich gekümmert. Dieser familiäre Zusammenhalt hat mich sehr geprägt. Ich möchte der Gesellschaft auch etwas zurückgeben. Daher setze ich mich dafür ein, dass die Gesellschaft füreinander einsteht und zusammenhält. Wir müssen der Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken, wir brauchen mehr Zusammenhalt, Solidarität und gleiche Chancen auf eine gute Bildung. Dafür setze ich mich ein.
Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?
Ich treffe als Bildungspolitiker im Wahlkreis sehr viele junge Menschen. Viele müssen gar nicht überzeugt werden, denn Halle spricht als Wissenschaftsstandort für sich. Mehr als 20.000 Studierende sind allein an der Martin-Luther-Universität immatrikuliert. Außerdem gibt es verschiedene Institute außeruniversitärer Wissenschaftseinrichtungen (z.B. die Leopoldina). Die Stadt bietet jungen Menschen viele interessante Perspektiven, ein vielseitiges kulturelles Angebot und eine gute Verkehrsanbindung.
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich fühle mich als Ostdeutscher. Halle ist seit über 30 Jahren meine Heimat. Entscheidend für dieses Gefühl der Zugehörigkeit waren wohl die Menschen, die mich in der Stadt willkommen geheißen haben: An der Universität, im Stadtrat oder in der Kleingartenanlage. Halle habe ich seit mehr als 30 Jahren nie länger als vier Wochen verlassen. Natürlich verlief mein Leben etwas anders als das der meisten Ostdeutschen, weil ich aus dem Senegal in die DDR kam. Aber auch ich musste in Halle noch einmal ganz neu anfangen und mich nur wenig später in der Bundesrepublik neu orientieren. Diese Erfahrung teile ich mit vielen Menschen im Osten.
Weshalb gibt es noch immer weniger parteipolitisches Engagement in Ostdeutschland und wie möchtest du das ändern?
Das Interesse an politischen Entscheidungen ist in Ostdeutschland aus meiner Sicht nicht geringer als in Westdeutschland. Die Themen, die Menschen interessieren und für die sie sich engagieren wollen, sind vielfältig: Strukturwandel, Klimaschutz, Digitalisierung, Verkehrspolitik oder Wohnungsbau. Ich denke, die Beteiligungsformate sind ebenso vielfältig. Parteien sind Institutionen, die politische Interessen bündeln können. Sie bieten den Menschen eine Plattform für ihr ehrenamtliches Engagement. Aber natürlich gibt es daneben vielfältige andere partizipative Möglichkeiten. Diese müssen auch gesehen und unterstützt werden. Parteipolitisches Engagement ist vielleicht nicht für alle ein Weg, aber es ist ein Möglichkeit, die Gesellschaft mitzugestalten. Interessierten sollten wir immer mit einer ausgeprägten Willkommenskultur begegnen.
Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?
In meiner parlamentarischen Arbeit, zum Beispiel in der Landesgruppe Ost meiner Fraktion, ist es mir sehr wichtig, einzufordern, dass auch die ostdeutsche Perspektive bei Gesetzen oder bei der Vergabe von Fördermitteln des Bundes gesehen und mitgedacht wird. Gerade in der Bildungs- und Forschungspolitik spielen Investitionen eine entscheidende Rolle und es gibt oft große regionale Unterschiede. Auf diese Unterschiede kritisch hinzuweisen, ist ein Teil meiner Arbeit als ostdeutscher Politiker.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir für Ostdeutschland und für unsere Kommunen einen wirtschaftlichen Aufschwung und starken Zusammenhalt, wo das Miteinander wichtiger ist als das Gegeneinander. Ich wünsche mir ein Umfeld, das für jede und jeden als lebenswert empfunden wird. Ein Umfeld, in dem sich alle Menschen gleichermaßen zu Hause fühlen, sich entfalten und ihr persönlichen Glück finden können. Das hat viel mit Rücksicht füreinander zu tun, es geht aber strukturell auch um Generationengerechtigkeit, die den sozialen Zusammenhalt nachhaltig stärkt. Und als Bildungspolitiker wünsche ich mir zum einen Bildungsgerechtigkeit, zum anderen, dass für alle gleichermaßen die Möglichkeit des lebenslangen Lernens Realität wird. Bildung soll für jede und jeden entlang der gesamten Bildungskette von der Kita über die Schulzeit in der Ausbildung, an der Hochschule, in der Weiterbildung und später auch in der Seniorenbildung möglich sein.