Wir sind der

Osten

Katharina Krüger

Katharina Krüger ist Journalistin und 1982 in Waren (Müritz) geboren, hat später in Baden-Baden, Amsterdam und Odense gelebt.

Zurückgekehrt: Katharina wohnt heute in Berlin.

Foto: Larissa Hinz

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Weshalb bist du zurückgekehrt?

Ich bin zurückgekehrt, weil ich zunächst einmal wieder in der Nähe meiner Familie sein wollte. Außerdem habe ich während meiner Zeit in Baden-Baden gemerkt, dass dort die Wende einfach keine Rolle spielt. Für die Menschen hat sich nichts verändert, und sie orientieren sich eher gen Westen (Frankreich) und Süden (Schweiz, Italien). Ich fand es traurig, an den Wochenenden mit den anderen „Wirtschaftsflüchtlingen“ auf der Autobahn zu hängen. Ich wollte wieder unter Menschen sein, die auch ein solches Vorher-Nachher-Gefühl in ihrer Biografie haben, die wissen, dass auch alles für sie hätte anders ausgehen können. Und dann: die vertrauten Gehwegplatten, Knusperflocken, Sommer an der Müritz.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Als Journalistin habe ich den Anspruch, dass meine Leser und Hörer immer etwas dazulernen – besonders, wenn ich für Kinder und Jugendliche schreibe. Sie sollen mit diesem Wissen an der Gesellschaft teilhaben können. Ehrenamtlich gehöre ich den Zeitzeugen-Pool der Dritten Generation Ostdeutschland an: Ich berichte in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen, wie ich die Wende als kleines Mädchen erlebt habe.

  • 1982

    Waren (Müritz)

  • Baden-Baden

  • Amsterdam

  • Odense

  • Heute

    Berlin

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Zunächst natürlich, weil ich im Osten geboren wurde und aufgewachsen bin. Ich sehe das nicht als Makel, sondern darauf bin ich stolz. Gleichzeitig weiß ich, dass ich stolz sein kann, weil meine Eltern und Großeltern sich nicht vor dem DDR-System kleingemacht haben. Das habe ich ihnen zu verdanken. Und ich hatte Glück, dass ich die Wende erleben durfte. Ich verbinde mit dem Ostdeutsch-Sein aber auch eine gewisse Verpflichtung: meiner Herkunftsregion gegenüber, meinem Land (dem vereinten Deutschland) und meiner Tochter. Ich möchte etwas zurückgeben.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Ich habe die Wende als Kind erlebt, als ein Ereignis, das von meinem Umfeld sehnsüchtig erwartet und groß gefeiert wurde. Es ist ein historischer Glücksfall für mich, mein Leben wäre sonst ganz anders verlaufen. Ich genieße die Freiheit zu reisen, mir meinen Beruf ausgesucht haben zu können, dass ich lesen, hören und sehen darf, was ich möchte. Ich meine, dass ich aufgrund meiner ostdeutschen Herkunft etwas gelassener bin, was das Streben nach materiellem Wohlstand angeht. Klar möchte ich gut leben, aber noch lieber möchte ich mir nicht vorschreiben lassen, was ich zu denken und zu tun habe.

Was wünschst du dir für Ostdeutschland?

Für Ostdeutschland wünsche ich mir, dass die Kategorie „Osten“ bald wieder eine hauptsächlich geografische ist. Dass der Osten mit seinen Regionen, seinem Können, seinen liebenswerten Eigenschaften hervortritt. Dass die Menschen mit Stolz an ihre Herkunft, den Osten, denken, ohne sie als Abgrenzung zu anderen zu verwenden. Und ein, zwei DAX-Konzerne. ;-)