Wir sind der

Osten

Katharina Thoms

Katharina Thoms ist Journalistin und 1979 in Oranienburg geboren und aufgewachsen.

Gegangen: Katharina wohnt heute in Stuttgart.

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Weshalb bist du gegangen?

Es gibt eine negative und eine positive Sicht. Ich bin gegangen, weil mir mein Heimatort und die Menschen dort zu grau, zu mies gelaunt, zu negativ drauf waren. Weil alles (gefühlt) immer ein Problem war. Dabei lief es (für mich) doch hervorragend. Ich konnte das nicht verstehen und wollte es nicht mehr ertragen. Ich bin gegangen, weil ich sehr neugierig auf die Welt war. Ich habe es nicht gleich herausgeschafft aus Deutschland, aber sehr weit in den Süden. Später dann nach Italien. Und wieder zurück. Ich wollte alles kennenlernen, andere Menschen, Städte, Gerüche, Farben. Die Neugier darauf ist geblieben und hat es mir persönlich ehrlich gesagt leicht gemacht, mich woanders wohl zu fühlen.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich bin Journalistin – liebe und arbeite mit Audio, für Online und mit bewegten Bildern. Seit vielen Jahren lebe ich im Süden Deutschlands, berichte hier über Menschen auf dem Land, Politik in der Stadt oder umgekehrt. Mein Ziel: Aufklären, im besten Sinne. Alles mit *meinem* Blick. Über Schönes erzählen, Fragwürdiges erklären, Herausforderungen begleiten. Hauptsächlich tue ich das für den SWR. Aber immer wieder auch mit eigenen Projekten (Dokumentarfilm, Podcast). Die Zukunft ist für mich direkt vor meinen Füßen, weil ich so gern Neues ausprobiere. Dazu gehört auch: Die Leidenschaft für diesen genialen Job weiterreichen in Seminaren und Workshops und dabei selbst inspiriert werden.

  • 1979

    Oranienburg

  • Heute

    Stuttgart

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

4 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Um die Jahrtausendwende war ich felsenfest überzeugt, dass „Deutschland zusammengewachsen“ ist. Zumindest in meiner Generation + danach. Klar hatten meine Kommiliton*innen, Kolleg*innen + ich andere Vergangenheiten. Aber ich erzählte ihnen eben von meiner, wenn sie alle über ihre redeten. In den vergangenen Jahren wurde wieder mehr von denen + uns geredet. Einerseits: Im Zusammenhang mit Rechtsextremen im Osten. Über den Osten als no go-Area. Andererseits in politischen Debatten: Wenn Diskussionen über Frauen, Gleichberechtigung + Kinderbetreuung aufkamen, Dinge verhandelt wurden, die für mich längst geklärt schienen. Letztlich war auch das Auslöser für meinen Podcast „Mensch Mutta“.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Ich bin sehr froh, schon immer, beide Staaten selbst erlebt zu haben. Einfach aus historischer Neugier; froh aber auch die Atmo (Farben, Gerüche, Gefühle, Erlebnisse, Ängste) selbst zu kennen – nicht nur aus Erzählungen. Immerhin ein bisschen vergleichen zu können. Oben genannte Prägung von zu Hause (Gleichberechtigung etc.) hat mich sicher gut gewappnet für das Leben nach 89. Wie die Wende selbst, dass sich alles sehr schnell so richtig ändern kann. Glück haben kann. Geprägt haben mich viele Einstellungen, vermutlich auch „Marke Ost“: Selber machen, nicht abhängig sein, keine Schulden machen, anpacken, durchhalten. Aber auch die Jahre „im Westen“ prägen – mich und ich die anderen hoffentlich auch.

Was wünschst du dir für Ostdeutschland?

Ich wünsche mir ein differenzierteres Bild für den Osten heute und gestern. Als Journalistin sag ich das natürlich mit Blick auf die Berichterstattung. Keine falsch verstandene Ostalgie, keine Klischees. Vor allem nicht außerhalb der fünf Länder: Den Finger drauf, wo es wehtut. Aber auch draufgucken auf die verschiedensten Lebensläufe, Meinungen und Einordnungen der Vergangenheit. Gucken wir auf Menschen, die im Osten gestalten. Kreativ sind, Unternehmen gründen, Politik machen, Vielfalt leben. Ich wünsche mir vor allem, dass das auch andere interessiert.