Wir sind der

Osten

Lan Böhm

Lan Böhm ist Leiterin der Regiestelle des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ und 1982 in Wismar geboren.

Geblieben: Lan lebt heute in Hohen Neuendorf.

Foto: bpb

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Weshalb bist du geblieben?

Die Tatsache, dass ich in Ostdeutschland lebe, war keine bewusste Entscheidung. Mein Studium habe ich in Berlin verbracht und in einer Studenten-WG in Friedrichshain gelebt. Dort waren die Wohnungen groß und (damals noch) erschwinglich. Vielleicht hat mich unbewusst aber die Atmosphäre in den Ostbezirken von Berlins eher angesprochen: etwas rau, kreative Freiräume, unfertig und nicht zu perfekt. Ich habe auch zwei Jahre im Ausland gelebt (in Vietnam und in den USA) und entdecke in meinem Urlaub sehr gerne neue Länder. Mein jetziger Wohnort liegt in Brandenburg, nur wenige hundert Meter von der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze entfernt. Das finde ich besonders.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Die Frage danach, wie auch ein Einzelner oder eine Einzelne in unserer Gesellschaft etwas bewegen kann, begleitet mich seit meiner Schulzeit: Als Redakteurin in verschiedenen Schülerzeitungen, Gründerin von Jugendforen und Ehrenamtliche im Jugendmedienverband Mecklenburg-Vorpommern habe ich immer versucht, meine Mitmenschen für Engagement und Beteiligung zu begeistern. Selber machen war dabei schon immer die Devise. Für mich ist es großartig, dass ich diese Überzeugung nun auch im beruflichen Alltag weiter tragen kann. Mit unserem Bundesprogramm werden Vereine gefördert, die sich für Demokratie und respektvolles Miteinander vor allem in strukturschwachen Regionen einsetzen- in Ost und West.

  • 1982

    Wismar

  • Berlin

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  • Vietnam

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  • USA

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  • Heute

    Hohen Neuendorf

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

3 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ich bin 1982 geboren. Was mich mit anderen Ostdeutschen meiner Generation verbindet, ist vor allem die Erinnerung an typische Kindheits- und Jugend–Erlebnisse, die Gleichaltrige aus München, Köln und Co. nicht teilen können. Die Wendezeit hat viele Veränderungen mit sich gebracht: Enge Freunde waren über Nacht (gen Westen) verschwunden, viele mussten sich beruflich neu orientieren und das Stadtbild änderte sich rasant. Gewissheiten und Erfahrungen unsere Eltern waren z.T. nicht mehr gefragt. Wir kommen aus einem Land, das nicht mehr existiert – solche Umbrucherfahrungen prägen und sind für mich ein Baustein der ostdeutschen Identität.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Die Wendezeit brachte für meine Familie vor allem Vorteile. Meine Eltern z.B. bauten ihre Selbständigkeit auf bzw. aus. Für mich nehme ich vor allem mit, dass aus gesellschaftlichen Veränderungen Chancen entstehen können und wir es selbst in der Hand haben, diese zu nutzen. Ich finde die Einstellung „Früher war alles besser!“ von vielen in ganz Deutschland befremdlich. Wir haben so viele Freiheiten, so viele Rechte und Möglichkeiten, wir leben im Frieden! Wir sollten dies nicht selbstverständlich nehmen, sondern uns aktiv damit auseinandersetzen. Veränderungen sind für mich nicht Bedrohung, sondern Gestaltungsraum.

Was wünschst du dir für Ostdeutschland?

Ohne Frage gibt es leider in Ostdeutschland viele Regionen, die strukturschwach und abgehängt sind. Ich wünsche mir von der (lokalen) Politik, aber auch von den Einwohnern, mutige Konzepte, diese Regionen wieder zu beleben und weiterzuentwickeln. Für die Menschen in Ostdeutschland wünsche ich mir zweierlei: mehr Wertschätzung ihrer Lebensleistung und ihrer Identität gegenüber, aber eben auch: mehr Eigeninitiative, mehr Selbstbewusstsein, mehr Einmischung in gesellschaftliche – demokratische – Prozesse. Auch wenn Lebensumstände schwer sind: Das ist kein Grund für fremdenfeindliche und rassistische Einstellungen.