Lena Steudtner
Lena Steudtner ist 1980 in Iserlohn geboren und später nach Ostdeutschland gezogen.
Rübergemacht: Lena wohnt aktuell in Bertsdorf-Hörnitz, wo sie als Webdesignerin arbeitet.
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Weshalb hast du in den Osten rübergemacht?
Ich bin 2016 mit meinem Mann nach Bertsdorf-Hörnitz gezogen, weil die Eltern Hilfe im Landwirtschaftsbetrieb brauchten. Es war/ist angedacht, dass wir den Betrieb eventuell weiterführen. Also ich bin der Liebe wegen von ganz tief im Westen in den wilden Osten gezogen.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Ich arbeite im Homeoffice an größeren und kleineren Websites und Shops. Besonders Freude machen mir Projekte mit regionalen Akteuren und das damit verbundene Netzwerk. Bei uns im Dorf engagiere ich mich für Kinder und biete Reitunterricht an. Bei der Um- und Neunutzung der alten Brauerei bin ich Mitglied des Fördervereins. Als Frau des ortsansässigen Landwirts helfe ich außerdem auf dem Hof, wenn es nötig ist, und beschäftige mich mit der Weiterverarbeitung der Milch und dem Haltbarmachen von Obst, Gemüse und Kräutern. Ich bin ein wenig „Mädchen für alles“, aber ich mag es, in viele verschiedene Dinge eingebunden zu sein.
Glaubst du, Menschen in Ostdeutschland können besser mit Veränderungen bzw. Wandel umgehen?
Fühlst du dich ostdeutsch?
Nein. Ich denke: Egal ob West oder Ost, wir sollten uns endlich von diesen alten Klischees und „Mauern im Kopf“ lösen. Es hilft niemandem, wenn man daran festhält. Wir leben alle gemeinsam an einem schönen Flecken Erde und sollten den auch gemeinsam gestalten, egal ob aus dem Westen oder Osten.
Welche Erfahrungen hast du in Ostdeutschland gemacht?
Meine Familie war zunächst skeptisch. Von der Stadt aufs Land, von West nach Ost. Meine Freunde waren erstmal traurig, dass ich wegzog. Mittlerweile kommen Familien und Freunde mich aber gern hier besuchen. Um mal Pause zu machen von der Stadt, das Landleben zu genießen, uns auf dem Hof zu helfen, am alten Umgebindehaus mitzubauen oder um im schönen Zittauer Gebirge zu wandern.
Glaubst du, Westdeutsche hatten nach der Wiedervereinigung im Osten Vorteile?
West hatte durchaus Vorurteile gegenüber Ost, einfach weil zwei völlig unterschiedliche Alliierte beide Teile Deutschlands verschieden geprägt haben. Dazu kam die lange Teilung, die den Menschen die Möglichkeit genommen hat, sich gemeinsam nach dem Krieg weiterzuentwickeln und alles wieder aufzubauen.
Aktuell kann ich aus meinem Alltag nur berichten, dass weder bei meiner Familie noch den Freunden noch Vorurteile vorhanden sind.
Was hast du in Ostdeutschland gelernt?
Ich habe mich gefreut, dass ich hier im Dorf so positiv aufgenommen worden bin. Die Menschen sind hier recht pragmatisch und das passt gut zu meinem Naturell.
Aber ich habe auch gelernt, dass Wiedervereinigung nicht automatisch bedeutet, dass alle Vorurteile usw. nicht mehr existieren, obwohl es schon so lange her ist. Meine Perspektive hat es insofern verändert, dass ich denke, wir brauchen überall in Deutschland kritische und offene Menschen, die gern gemeinsam etwas verändern wollen.
Beeindruckt hat mich hier der Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft im Dorf. Wenn ich ein Problem habe, frage ich die Nachbarn oder jemand, der sich besser auskennt und schon wird mir weiter geholfen.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Viele aufgeschlossene Menschen, die gemeinsam etwas bewegen und verändern wollen. Die Erinnerung an Zusammenhalt, gegenseitigen Respekt und Gemeinschaft, Hilfe untereinander, neue Ideen und Projekte für den Strukturwandel gerade in der ländlichen Region. Mutige Macher, die einfach neue Dinge machen, weil sie Lust und Freude dran haben. Eine bunte und weltoffene Gesellschaft.