Magda Albrecht
Magda Albrecht ist politische Referentin und Autorin und 1986 in Stralsund geboren und in Berlin aufgewachsen.
Geblieben: Magda lebt heute in Berlin.
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Weshalb bist du geblieben?
Ich bin in Ost-Berlin aufgewachsen und verbinde die meisten Erinnerungen meiner Kindheit mit Lichtenberg. Auch wenn ich nicht mein ganzes Leben in Berlin leben muss, ist die Großstadt mit all seinen unterschiedlichen Bewohner*innen (m)ein Stückchen Heimat.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Als politische Referentin spreche und schreibe ich zu feministischen Themen mit Schwerpunkt Körper- und Gesundheitsnormen im Kapitalismus. In Workshops und Weiterbildungen diskutiere ich mit Menschen über körperliche, geschlechtliche und sexuelle Vielfalt und warum diese in unserer Gesellschaft noch zu wenig (rechtliche und soziale) Anerkennung finden. Ich setze mich politisch und beruflich für eine Zukunft ein, die Menschen in ihren Unterschieden anerkennt und eine gutes Leben nicht vom Geldbeutel abhängt.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich bin mit einem sehr klaren Verständnis dafür aufgewachsen, dass ich Ossi bin. Meine Eltern haben die Wende-Euphorie weniger stark geteilt, weil sie die Probleme deutlich gesehen haben, die der Systemwechsel mit sich brachte: die Arbeitslosigkeit, die Vergrößerung der sozialen Spaltung, die Vergabe an Führungspositionen fast ausschließlich an Westdeutsche – aber auch den immer offener gezeigten Rassismus und Antisemitismus von Ostdeutschen selbst. Ich persönlich würde mich vielleicht gar nicht so „ostdeutsch“ fühlen, aber im Austausch mit Westdeutschen fallen mir auch heute noch Unterschiede auf – sprachlich, aber auch, was unsere kulturellen und ökonomischen Selbstverständlichkeiten sind.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Ich bin mit einem klaren Bewusstsein dafür aufgewachsen, dass Nahrungsmittelvielfalt, die Möglichkeit zu Reisen und finanzielle Möglichkeiten, die meine Familie im Gegensatz zu vielen anderen ostdeutschen Familien hatte, keine Selbstverständlichkeiten sind. Ich bin meinen Eltern dafür dankbar, dass sie mir vermittelt haben, dass der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte sein muss und Solidarität und soziale Gerechtigkeit zentrale Werte einer Gesellschaft sein sollten. In die DDR mitsamt den damals existenten Repressionen möchte ich nicht zurück. Aber meine ostdeutsche Herkunft hilft mir auch, die Ungerechtigkeiten der heutigen kapitalistischen Leistungsgesellschaft klar zu benennen.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Für Ostdeutschland wünsche ich mir eine klar Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit eigenen rassistischen und antisemitischen Überzeugungen und Strukturen. Ja, Antifaschismus war Staatsdoktrin in der DDR, was aber nicht heißt, dass es keine rassistische Gewalt gab. Rassismus war und ist ein gesamtdeutsches Problem, aber er zeigt sich in ostdeutschen Bundesländern teils roher, gewaltvoller und beängstigender. Ich wünsche mir außerdem, dass die Lebensleistung Ostdeutscher anerkannt wird und sich das in Löhne und Renten übersetzt, von denen die Menschen leben können. Die Ost-West-Unterschiede in Gehalt, Rente, Erbe etc. sind auch 30 Jahre nach der Wende frappierend.