Malina Bura
Malina Bura ist Fotografin und 1993 in Seehausen geboren, in Aland (Altmark) aufgewachsen.
Gegangen: Malina wohnt aktuell in Berlin.
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Weshalb bist du gegangen?
Eigentlich wollte ich nicht gehen. Ich habe schon immer eine starke Verbindung zu meiner Heimat, der Altmark, gespürt. Insbesondere zu dem kleinen Dorf, in dem ich aufgewachsen bin.
Meine Eltern hatten sich jedoch getrennt, mein Vater ging nach Berlin und nach dem Ende der Schule war dann wie selbstverständlich klar, dass auch ich nach Berlin gehen würde.
Die Großstadt habe ich immer nur als Zwischenstation gesehen, wollte immer zurück aufs Land. Mittlerweile liebe ich Berlin, aber ich weiß, dass ich irgendwann in meine Heimat zurückkehren werde. Ich fühle mich für die Altmark verantwortlich und möchte sie mitgestalten.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Ich schenke Menschen mit meinen Fotoshootings Freude und Selbstbewusstsein. Vor Kurzem habe ich eine Ausstellung zum Thema „Depression & Soziale Ängste“ organisiert. Auf Instagram berichte ich ganz offen über Tabuthemen wie meine seelischen Leiden, Erfahrungen mit Gewalt und toxischen Beziehungsdynamiken, weil ich hoffe, dass sich andere Betroffene dadurch weniger allein fühlen. Darüber hinaus habe ich ein Buch geschrieben, das neben diesen Themen auch mein Aufwachsen in der ehemaligen DDR der Nullerjahre behandelt. Als nächstes plane ich einen Bildband über Ostdeutschland, um Land und Leute sichtbar zu machen.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich bin nach der Wende in der ehemaligen DDR-Provinz aufgewachsen – als Kind zugezogener süddeutscher Wessi-Eltern. Wir wohnten unmittelbar an der Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Vom Gefühl her waren wir Wandler zwischen zwei Welten.
Doch meine Kindergärtnerinnen, die Lehrkräfte in den Schulen, die Familien meiner FreundInnen, alle waren Ostdeutsche und haben mir natürlich bestimmte Werte und Verhaltensweisen vermittelt. Mein ganzes Leben über hatte ich das Gefühl, diese Leute und meine Region gegen Vorurteile und dumme Sprüche verteidigen zu müssen. Mit den Jahren befasste ich mich immer mehr mit diesen Gefühlen und identifiziere mich heute klar als Ostdeutsche.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Ich habe die DDR nicht erlebt. Aber ich bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Ich weiß wie selbstverständlich, wie Grenztürme vom Typ BT-9 aussehen, was eine LPG war, wofür die Abkürzungen VEB, FDGB oder GSSD stehen. Dinge, von denen viele westdeutsche Bekannte noch nie gehört haben. Ich denke, ich kann auch die Frustration besser verstehen. Einfach, weil ich genau weiß, wie völlig irrelevant ländliche Ost-Regionen im gesellschaftlichem Diskurs sind. Weil ich die leeren Innenstädte, die geschlossenen Geschäfte, das schlechte Internet und den kaum ausgebauten ÖPNV kenne. Und ich kenne die Menschen und dachte schon immer, dass es in der DDR mehr gegeben haben muss als schwarz und weiß.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir mehr Sichtbarkeit. In meiner Freizeit reise ich häufig durch Brandenburg, um zu fotografieren und zu erkunden. Oft kam es vor, dass EinwohnerInnen mich ansprachen und es ganz toll fanden, dass ich mich für sie, ihre Heimat und Ostdeutschland interessiere.
Ich denke, sie waren einfach dankbar, wahrgenommen zu werden – leider keine Selbstverständlichkeit für Ostdeutsche. Außerdem wünschte ich, der weltoffene, bunte Teil der Gesellschaft würde lauter werden, um dem Stigma des „braunen Ostens“ etwas entgegenzusetzen und zu zeigen, dass eine Mehrheit eben nicht rechts ist. Ach ja und unbedingt mehr Angebote für Jugendliche, abseits von Fußball und der Freiwilligen Feuerwehr.