Mary-Anne Kockel
Mary-Anne Kockel ist Interaction Designerin und Mitgründerin von bring-together und 1980 in Jena geboren, in Bad Dürrenberg aufgewachsen.
Zurückgekehrt: Mary-Anne wohnt aktuell in Leipzig.
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Weshalb bist du zurückgekehrt?
Ich bin aus Zürich zurückgekehrt, weil ich etwas bewegen wollte. In Zürich war alles so einfach und leicht zu erreichen. Auf der anderen Seite hat mich das Leben dort sehr bequem gemacht. In mir war immer der Drang etwas verändern zu wollen – und nicht in einer Blase zu leben. Ich konnte die Lebensqualität dort nicht annehmen, solange es diese Annehmlichkeiten nicht überall gibt. Aber es hat mir den Blick geschärft und gezeigt, wo die Reise hingehen kann.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Als Designerin liebe ich es Antworten auf Herausforderungen zu entwickeln. So habe ich zusammen mit Katja Manz einige digitale Stadt-Spaziergänge in Chemnitz realisiert. In Interviews konnten die Bewohner:innen von Chemnitz ihre Sicht auf die Stadt erzählen. Wichtige Stationen waren dabei immer der Zweiter Weltkrieg und natürlich die Wiedervereinigung. So gab es auch eine ähnliche Zusammenarbeit mit Eva Chapuy im Leipziger Osten, um das Leben in der Eisenbahnstraße jenseits der medialen Wahrnehmung sichtbar zu machen. Und da liegt für mich auch die Mission von bring-together: Menschen zu verbinden, um Diversität in modernen Lebensweisen zu fördern.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Durch meinen Aufenthalt in der Schweiz bin ich oft auf meine ostdeutsche Herkunft angesprochen worden. Erstaunlicherweise wurde mir sehr viel Sympathie und Interesse an meiner historischen Herkunft entgegengebracht. Nach dieser Zeit habe ich mich nicht mehr »ostdeutsch« gefühlt. Ich persönlich habe diese Schublade immer als etwas Spöttisches wahrgenommen, zumindest wenn ich in Berlin, Hamburg oder München unterwegs war. Wenn jemand gesagt hat, ich sei ein Ossi, hat sich das nicht gut angefühlt. In der Schweiz konnte ich diese Schublade für mich schließen. Durch meine Selbstständigkeit habe ich viele »Westdeutsche« kennengelernt, die die neuen Bundesländer ihr Zuhause nennen.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Meine frühen Kindheitserfahrungen mit dem System DDR sind eher negativ geprägt, vor allem der Zwang zu unlogischen Dingen. Meine Eltern mussten sich nach der Wiedervereinigung um 180 Grad umstellen und neu erfinden. Das war hart für sie. Mir hat es gezeigt, wie hoch der Preis der »Freiheit« ist. Als positiv empfinde ich demokratische Prozesse, freie Meinungsäußerung und freie Selbstentfaltung. Mit dem Blick auf den Klimawandel, weiß ich, dass wir uns nun auch alle 180 Grad umstellen müssen. Ich bin mir sicher wir schaffen das. Ein Teil von uns hat solch eine Transformation vor mehr 30 Jahren bereits schonmal überstanden.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Mehr Selbstbewusstsein und Anerkennung der Unterschiede wie eben auch im Norden und Süden.