Matthias Höhn
Matthias Höhn ist Mitglied des Bundestages (Die Linke) und 1975 in Stolberg (Harz) geboren, in Sangerhausen aufgewachsen.
Geblieben: Matthias wohnt aktuell in Magdeburg.
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Weshalb bist du geblieben?
Schon während meiner Schulzeit in Sangerhausen habe ich begonnen, mich politisch zu engagieren. 1992 trat ich in die dortige PDS ein. Auch während meiner Studienzeit blieb ich dort politisch verwurzelt und übernahm über die Jahre verschiedene Funktionen, erst im Kreis, dann im Land. Als ich 2002 in den Landtag gewählt wurde, zog ich von Berlin nach Magdeburg. Sachsen-Anhalt war immer mein Lebens- und Arbeitsmittelpunkt. Hier komm ich her.
Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?
Ich wurde während der Friedlichen Revolution und in den turbulenten Monaten danach politisiert. Ich empfand das als große Chance. Aber ich war mir sicher, dass nach dem berechtigten Scheitern der DDR nicht einfach der Kapitalismus siegen sollte. Für jede/n ein sicheres Leben, Gleichheit aller Menschen, Gerechtigkeit… – das war das, worum es mir damals ging, und heute noch geht. Und diese Ziele brauchen Menschen, die sich für sie engagieren.
Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?
Wo jemand leben möchte, sollten er oder sie eigentlich völlig frei entscheiden können. So ist es aber allzu oft nicht. Viele sind gegangen, weil es nicht anders ging – sie waren auf der Suche nach Arbeit, um sich ein eigenes Leben aufbauen zu können. Ich glaube, dass die allermeisten nicht überzeugt werden müssen zu bleiben, sondern es einfach darum gehen muss, möglichst allen hier im Osten gute Bedingungen zu bieten: in der Schule, in der Freizeit, gute Jobs und eine sichere Perspektive fürs Älterwerden.
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ostdeutsche/r zu sein, war über viele Jahre eher eine Zuschreibung als eine bewusste Entscheidung. Aber es gibt nach wie vor bei Löhnen, Renten und Teilhabe Benachteiligungen, die allein auf dieser Herkunft beruhen. So prägten sich Identitäten, aber so prägte sich auch immer mehr ein neues ostdeutsches Selbstbewusstsein. Kulturelle Linien lassen sich nicht abschneiden, und so reden wir immer noch „anders“ als Westdeutsche, wir haben oft einen anderen Blick zurück und auf die Welt heute.
Weshalb gibt es noch immer weniger parteipolitisches Engagement in Ostdeutschland und wie möchtest du das ändern?
Die Leute haben in den 1990er Jahren bittere Erfahrungen mit Politik machen müssen, die bis heute die Stimmung in Ostdeutschland prägen und demokratische Parteien vor große Herausforderungen stellen. Vielen Ostdeutschen wurde ihre Biografie de facto gestohlen, ihre Abschlüsse aberkannt, sie verloren zu Millionen über Nacht ihre Jobs, ihre Häuser und Datschen, ihr „altes Leben“. Sie hatten sich die Freiheit erkämpft und die Treuhand bekommen. Das hat tiefe Spuren hinterlassen, die bleiben werden. Wer damit umgehen will, muss diese Fehler erstens klar benennen und zweitens am Lebensalltag der Leute spürbar und nachhaltig etwas verbessern. Das kann neues Vertrauen in Demokratie schaffen.
Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?
Ich bin der Beauftragte der Linken im Bundestag für Ostdeutschland. Ich habe in den letzten Jahren versucht, Benachteiligungen Ostdeutscher zu thematisieren und konkrete Vorschläge zur Verbesserung auf den Tisch zu legen. Rund 800 Euro Lohnunterschied im Mittel, Abstriche bei Rentenansprüchen, Diskriminierung bei den Spitzenposten… Zu all diesen Themen haben wir Anträge in den Bundestag eingebracht, öffentliche Podien geschaffen, waren im Land unterwegs. Wenn wir diese Dinge ändern wollen, brauchen wir mehr Aufmerksamkeit für diese Probleme – und mehr Bündnispartner. Und: Ostdeutsche brauchen überall mehr Einfluss.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Respekt