Max Hemmann
Max Hemmann ist Student und 1993 in Leipzig geboren.
Geblieben: Max wohnt auch aktuell in Leipzig.
Foto: privat
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Weshalb bist du geblieben?
Das Thema „Wegzug“ begleitet mich seit dem Abitur. Durch das Aufwachsen im Leipziger Umland gab es für die meisten meiner Freund*innen nur die Optionen für Studium bzw. Ausbildung in eine westdeutsche Großstadt zu ziehen oder den kurzen Weg nach Leipzig anzutreten. Ich habe mich damals für den bequemen Schritt nach Leipzig entschieden. Ein Umzug kam für mich gar nicht in Frage. Zu wichtig sind mir Bindungen zu Familie und Freund*innen. Aus dem anfänglichen Gar-nicht-darüber-nachdenken-wegzugehen, ist inzwischen ein großer Wille geworden, mein weiteres Leben hier zu gestalten.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Ich lebe, studieren und arbeite in Leipzig. Ein wenig Kultur, ein wenig Journalismus. Ich probiere mich in vielen Bereichen aus.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich bin in Ostdeutschland groß geworden, meine Verwandten sind ostdeutsch und dementsprechend wurden Prägungen und Erfahrungen an mich weitergegeben, die sich zum Teil schwer an konkreten Charaktereigenschaften oder Werten von mir benennen lassen. Viel mehr ist es eine Sicht auf die Welt, die ein Spektrum von kritischer Distanz bis hin zu großer Herzlichkeit beinhaltet.
Gleichzeitig kenne ich auch die negativen Seiten, die medial so gern über den Osten vermittelt werden, hautnah. Naziparolen, die Freitagabend auf dem Supermarktparkplatz gegrölt werden, von denen im Anschluss aber niemand etwas mitbekommen haben will. All diese Facetten ergeben mein Gefühl gegenüber dem Osten.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Ich kann bei mir und meinen Freund*innen aus dem Osten feststellen, dass ein latenter Drang da ist, Pläne auch in die Tat umzusetzen. Einfach nur still rumsitzen, fällt schwer und das hat vielleicht etwas mit der ostdeutschen Prägung zu tun und damit, wie ich aufgewachsen bin. Insbesondere mit Beginn meines Studiums hörte ich von Kommiliton*innen aus dem Westen häufiger die Frage, warum ich denn immer noch hier sei und ob es mich denn nie woanders hingezogen hätte. Der Blick auf die ostdeutsche Provinz ist oft ein abfälliger. Daraus hat sich in mir eine Art Schutzmechanismus für den Osten entwickelt, ohne die regionalen Probleme unter den Teppich kehren zu wollen.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
In Bezug auf die Probleme, die in Ostdeutschland bis heute vorherrschen, wünsche mir eine konzentriertere Aufarbeitung. Es sollte offener darüber gesprochen werden, was in der DDR und der Zeit der Wiedervereinigung geschehen ist. Welche Strukturen weggebrochen sind und welche Fehler gemacht wurden. Am besten in Form eines Diskurses, der ein möglichst vielfältiges Bild der ostdeutschen Herkunft zeichnet. Die Ausreifung eines ostdeutschen Bewusstseins, das nicht nur zwischen verächtlichem Blick auf die „Wessis“ und sich selbst klein machen schwingt. Die Formen, dies umzusetzen, können dabei ganz variabel sein.