Wir sind der

Osten

Mirko Dähne

Mirko Dähne ist Krankenpfleger und 1973 in Torgau geboren.

Geblieben: Mirko lebt heute in Süptitz.

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Weshalb bist du geblieben?

Mich hat es nie gereizt, auf Dauer diese Region zu verlassen. Klar, nach dem Fachschulstudium musste man erstmal „raus“, aber meinen Lebensmittelpunkt ganz zu verlagern, nachhaltig, das war kein Thema. Schließlich habe ich dann hier meinen Job und meine Liebe gefunden und mit beidem bin ich noch immer glücklich.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Was wir vorher im Sozialismus ohnehin alle gelernt und beigebracht bekommen hatten – als Gemeinschaft Ziele zu erreichen – das kam da auf den Straßen paradoxerweise gegen dieses System richtig zur Entfaltung. Das ist übrigens auch der Aspekt der Erziehung und des alltäglichen Umgangs, der für mich bis heute große Bedeutung hat und verdient, wieder stärker gelebt zu werden. Für unsere Herzlichkeit und das Wir-Gefühl haben uns auch Westverwandte und ihre Freunde immer besonders gemocht. Das können wir den jungen Generationen weitergeben – überall, übrigens. Wir haben alle Kinder – wir sehen die Zukunft jeden Morgen in die Schule gehen.

  • 1973

    Torgau

  • 2019

    Süptitz

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

4 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ja, einen „Wessi“ entlarvt man als „Ossi“ schon in den ersten Momenten eines Gesprächs. Da schwingen eben ganz andere Werte mit, mehr Materielles, Status. So, wie sie halt von Anfang an aufgewachsen sind, was sie an wirtschaftlicher Entwicklung erlebten und wie die Gesellschaft sich dadurch veränderte – das merkt man schon deutlich. Vielleicht ist es jetzt ja auch einfach an der Zeit für diese pragmatische und vermeintlich westliche Sichtweise auf die Gesellschaft. Wir “hier drüben” sind da nur eben nicht lange genug reingewachsen. Wir haben da noch Reibungspunkte.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Es gab mal eine Berichterstattung über Torgauer Kindergärten, in denen die Kleinen gestreifte Bademäntel trugen, die auf den schwarz-weißen Fotos aussahen wie die Kleidung von KZ-Häftlingen. Auf den Bildern, die da um die Welt gingen und das genauso auswerteten, sind Bekannte von mir drauf. Völlig absurd. Heute weiß ich manchmal nicht, ob ich über sowas lachen oder mich ärgern soll, aber das ist über 30 Jahre her. Wir leben jetzt und ich bin froh, dass es meiner Familie damals nicht schlecht ging und wir auch heute alles haben, was man braucht.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Schon die ´89er-Babies, die heute 30 sind, denken nicht mehr in Ost und West – und zeigen uns damit, das Deutschland mehr ist, als geteilte Geschichte. Diese Generation und ihre Kinder brauchen Rückhalt zum Verändern und dafür, auch mal Fehler zu machen.