Wir sind der

Osten

Norman Tannert

Norman Tannert ist Bundesbeamter und 1979 in Neubrandenburg geboren.

Gegangen: Norman lebt heute in Brüssel.

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Weshalb bist du gegangen?

Ich habe mich meiner mecklenburgischen Heimat immer verbunden gefühlt, aber nach Schule und Zivildienst wollte ich schlicht raus in die Welt. Die Zeit im Ausland, insbesondere in Asien, hat dazu geführt, dass auch meine beruflichen Interessen mit der Zeit einen eher internationalen Anstrich bekamen. Als Berufstätiger habe ich bisher die überwiegende Zeit im europäischen Ausland verbracht. Heute lebe ich mit meiner Familie in Belgien. Wir planen allerdings, unseren Lebensmittelpunkt mittelfristig nach Potsdam zu verlagern.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich habe eigentlich schon das Gefühl, dass mir mein Job die Gelegenheit bietet, am Puls der Zeit zu arbeiten und im Kleinen an den Weichenstellungen von morgen mitzuwirken. Die Energiewende und die Zukunft der internationalen Handelspolitik sind Beispiele für solche Fragen. Zivilgesellschaftliches Engagement vor Ort ist mir persönlich sehr wichtig, wenngleich der Alltag oft nur wenig Zeit dafür lässt. Hier ist das europäische Projekt ein Thema, welches mich seit langem beschäftigt. Der zivile und sachliche Umgang miteinander, vor allem in sozialen Medien, treibt mich als Thema verstärkt in jüngerer Zeit um.

  • 1979

    Neubrandenburg

  • 2019

    Brüssel

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

3 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

„Ostdeutsch“ ist für mich kein permanentes Lebensgefühl. Man sollte auch nicht der Versuchung erliegen, eine Identität daraus konstruieren zu wollen. Zu schnell verliert man sich da in Klischees und schablonenartigen Zuschreibungen. Dennoch kenne ich natürlich Momente, in denen man sich als Ostdeutscher fühlt. Beispielsweise wenn man in Gesprächen mit anderen Ostdeutschen der gleichen Generation immer wieder feststellt, wie ähnlich man doch auf bestimmte Dinge schaut. Oder wenn man sich berufen fühlt, in Gesprächen mit „Nicht-Ostdeutschen“ die eigene Heimat zu erklären, zu vermitteln und zu verteidigen. Gerade in dieser Zeit, in der der Ruf ostdeutscher Bundesländer teils arg gelitten hat.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Ich denke, es sind vor allem die Erfahrungen der frühen Nachwendezeit, die mich geprägt haben. Die Zeit von existenzieller Unsicherheit, von drohender oder tatsächlicher Arbeitslosigkeit, die viele Familien betroffen hat. Die rasante Geschwindigkeit, mit der sich das Denken über Gesellschaft, Politik und das soziale Miteinander verändert hat. Aber eben auch die Freiheit, die Masse an Möglichkeiten, die sich plötzlich boten. Im Endeffekt haben die meisten Menschen im Osten von der Wende profitiert. Oft war dafür die Entscheidung ausschlaggebend, das Glück in die eigenen Hände zu nehmen, etwas zu wagen und nicht auf andere zu warten. Dies habe ich ein Stück weit verinnerlicht.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Veränderung, Wandel, Neues nicht als Bedrohung zu begreifen, sondern die damit verbundenen Chancen zu sehen. Sich Opfermythen zu verweigern, um nicht tatsächlich Opfer zu werden – von Manipulation und Augenwischerei. Worte wie „die da oben“ oder „die da drüben“ aus seinem Vokabular zu streichen. Aufrichtiges Interesse an seinen Mitmenschen mitzubringen, entmenschlichende Sprache in keinem Fall zu akzeptieren. Sich Bescheidenheit als Tugend zu bewahren. Jobs und echte Perspektiven.