Ole Krüger
Ole Krüger ist Landesvorsitzender von B’90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern und 1983 in Ludwigslust geboren und aufgewachsen.
Geblieben: Ole wohnt aktuell in Rostock.
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Weshalb bist du geblieben?
Es war keine bewusste Entscheidung im Osten zu bleiben. Eigentlich hatte ich sogar das Bedürfnis, möglichst weit weg zu gehen. Die 90er Jahre, inklusive einer omnipräsenten Neo-Nazi-Jugendkultur haben mich als politisch links-eingestellter Mensch sehr geprägt. Ursprünglich sollte das Studium in Rostock nur eine Zwischenstation sein. Ich durfte dort aber Menschen kennenlernen, die sich bewusst dafür entschieden haben zu bleiben und etwas aufzubauen. Nach meinem Studium habe ich dann für mich erkannt, dass ich mich parteipolitisch engagieren und mit anderen vernetzen möchte, um neue Impulse zu setzen und etwas zu verändern.
Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?
Ich habe Mecklenburg-Vorpommern in den 90er Jahren als ein Bundesland kennengelernt, indem unglaubliche Beharrungskräfte, viel Skepsis gegenüber Veränderungen, aber auch eine berechtigte Unzufriedenheit herrschten. Nach meinem Studium ist mir durch ein Praktikum bei der Heinrich-Böll-Stiftung klar geworden, dass sich unsere Politik ändern muss, um Aufbruchsstimmung, die es ja durchaus überall gab und gibt, auch zu befördern. Deswegen bin ich bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingetreten und habe plötzlich im ganzen Land, auch abseits der Großsstädte, Menschen kennengelernt, die überall Potenziale gesehen haben. Ich wusste: Hier bin ich richtig.
Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?
Mecklenburg-Vorpommern ist strukturschwach, aber reich an Freiraum. Hier ist noch Platz, um eigene Projekte auf die Beine zu stellen, zu experimentieren und Projekte umzusetzen, die auch weit über die Landesgrenzen hinauswirken. Mecklenburg-Vorpommern ist eine Herausforderung, aber hier kann man Verantwortung übernehmen, wo man in anderen Bundesländern nicht so schnell die Gelegenheit bekommt, sich zu beweisen.
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich bin zwar in der DDR geboren, habe aber keine eigenen, bewussten Erfahrungen in ihr gesammelt. Ich gehöre zum ersten „ostdeutschen“ Jahrgang, der im gesamtdeutschen Bildungssystem eingeschult wurde. Ich kenne die DDR eigentlich nur aus den Erzählungen meiner Eltern und Großeltern. Mich haben die 90er-Jahre als fundamentale Umbruchsjahre geprägt. Insofern teile ich sicherlich eine kollektive ostdeutsche Erfahrung, aber ich habe das Gefühl, dass mich kulturell mehr mit den anderen Nordeutschen verbindet. Ich glaube, dass „Ost“ und „West“ mittlerweile Kategorien sind, die uns nicht helfen, Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft zu finden.
Weshalb gibt es noch immer weniger parteipolitisches Engagement in Ostdeutschland und wie möchtest du das ändern?
Die Menschen haben ihre „Parteierfahrung“ in der SED gemacht. Eine Partei, in der von Oben nach Unten durchregiert wurde, offener Austausch nicht erwünscht war und Meinungsbildungsprozesse, Mitgestaltung und die selbstverantwortliche Organisation nicht nur keinen Platz hatten, sondern bewusst unterdrückt wurden. Alle Parteien sind hier in der Verantwortung, deutlich zu machen, dass Parteien in unserem parlamentarischen System anders funktionieren können und müssen. Ich bemühe mich jedes Parteiveranstaltung so offen und anschlussfähig wie möglich zu gestalten, damit die Menschen merken, dass wir ihnen ein Netzwerk und Unterstützungsumfeld bieten, wo sie mit ihren Ideen und Forderungen „Platz“ haben.
Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?
Wir ermutigen alle Menschen im Land, die ihr Dorf, ihre Stadt oder ihren Landkreis voranbringen wollen, dafür zu den verschiedenen Wahlen zu kandidieren. Dies schließt die Wahlen zu unseren Parteigremien ein. Dabei geht es uns aber weniger um den Geburtsort eines Menschen, als vielmehr um dessen Identifikation mit unserem Bundesland. Von einem gelungenen Mix der verschiedenen regionalen Biografien, der Geschlechter und der Generationen profitieren am Ende alle. Denn so lernen wir gemeinsam die verschiedenen Blickwinkel in Einklang zu bringen und abseits alt-eingeübter Denkmuster nach Lösungen zu suchen.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir ein Ostdeutschland, das sich die volle Gleichberechtigung mutig und kreativ erarbeitet und nicht darauf wartet, dass ihm Gleichberechtigung „gewährt“ wird. Ein Ostdeutschland, dass auch mal eigene Wege geht, aber auch bereit ist „vom Westen“ zu lernen. Ein Ostdeutschland, dass sich seiner eigenen Stärken bewusst ist.