Wir sind der

Osten

Olga Patlan

Olga Patlan

Olga Patlan ist in Dnipropetrowsk in der Ukraine geboren und hat sich später für Ostdeutschland entschieden.

Rübergemacht: Olga ist Journalistin und wohnt aktuell in Magdeburg.

Foto: Ansgar Schwarz

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Weshalb hast du in den Osten rübergemacht?

Ehrlich gesagt war es damals die Entscheidung meiner Mutter bzw. der Ämter. Als wir nach Deutschland kamen, wurden wir Sachsen-Anhalt zugeteilt. Ich bin während des Studiums auch im Ausland gewesen und habe auch immer wieder darüber nachgedacht, wegzugehen. Ich hatte jedoch Glück und im Prinzip alles, was ich brauchte hier gefunden. Ein Studium, das mir zusagte und anschließend einen Job, der mich glücklich macht. Durch meine Liebe zu Reisen bin ich sowieso immer wieder unterwegs und bleibe deshalb auch nicht in der Bubble.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich versuche in meiner Arbeit als Journalistin beim MDR die positiven Geschichten aus dem Osten zu erzählen. Gerade auf unserem neuesten Instagram-Account Kleinstadthelden zeigen wir Menschen im ländlichen Raum, die aus Eigeninitiative das Leben vor Ort verbessern, kreativ gestalten und so die Regionen attraktiver machen. Und privat zeige ich auf meinem Instagram-Kanal, wie schön der Osten ist. Insbesondere in meinen Storys nehme ich Menschen mit zu meinen Drehorten, zeige auch mal weniger bekannte Orte und stelle mich den Fragen von Userinnen und Usern.

  • 1987

    Dnipropetrowsk, Ukraine

  • Magdeburg

  • Shanghai

  • St. Gallen

  • 2021

    Magdeburg

Glaubst du, Menschen in Ostdeutschland können besser mit Veränderungen bzw. Wandel umgehen?

3 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich ostdeutsch?

Eins vorweg, ich fühle mich am ehesten als Weltbürgerin. Da ich bereits in vier Ländern gelebt habe und viel reise, fühle ich mich überall Zuhause. Da ich jedoch den Großteil meines Lebens in Ostdeutschland verbracht habe und der Großteil meines sozialen Umfelds ebenfalls im Osten sozialisiert wurde, fühle ich mich ostdeutsch. Auch durch die Tatsache, dass ich aus einem ehemaligen Land der Sowjetunion stamme, kann ich die Erfahrungen der Menschen hier mit meinen eigenen gut vergleichen.

Welche Erfahrungen hast du in Ostdeutschland gemacht?

Am Anfang habe ich – ehrlich gesagt – gar nicht so viel darüber nachgedacht. Für mich war Deutschland ein Deutschland. Vor Ort habe ich dann am Anfang sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. An der ersten Schule, an der ich war, war ich bis auf zwei Weitere die einzige Ausländerin. Das hat sich im Verhalten der Schüler widergespiegelt. Ich wurde beäugt und teilweise auch gemobbt. Als ich die Schule wechselte, wurde ich gut aufgenommen, fand Freunde, lernte Deutsch und auch die hiesige Mentalität besser kennen. Dass es Unterschiede zwischen Ost und West gibt, habe ich am Anfang durch andere erfahren. Bewusst habe ich sie erst mit zunehmendem Alter angefangen wahrzunehmen.

Glaubst du, Westdeutsche hatten nach der Wiedervereinigung im Osten Vorteile?

Zum einen waren sie bereits mit dem politischen System und den damit verbundenen Strukturen vertraut. Zum anderen hatten sie einen monetären Vorteil und konnten somit beispielsweise Immobilien zu verhältnismäßig günstigeren Preisen im Osten erwerben, was sich nur wenige Ostdeutsche leisten konnten.

Was hast du in Ostdeutschland gelernt?

Ehrlich gesagt habe ich erst beruflich begonnen, mich mit der ostdeutschen Geschichte und Mentalität auseinanderzusetzen. Es begann mit dem 500. Reformationstag und ging weiter mit 30. Jubiläum des Mauerfalls und der Wiedervereinigung. Nach den Recherchen habe ich angefangen zu verstehen, warum die Menschen hier häufig so skeptisch sind, warum weniger Menschen gläubig sind etc. Es sind einfach Erfahrungswerte eines ehemaligen Systems, dessen Umbruchs und oft unerfüllten Hoffnungen nach der Wiedervereinigung.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Ich würde mir für Ostdeutschland mehr Selbstbewusstsein wünschen. Gefühlt wurde uns allen hier Bescheidenheit in die Wiege gelegt. Das ist grundsätzlich nichts Falsches, limitiert jedoch den Glauben an eigene Möglichkeiten.