Petra Köpping

Petra Köpping ist Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SPD) in Sachsen . Sie ist 1958 in Nordhausen geboren und in Naunhof aufgewachsen.

Geblieben: Petra wohnt aktuell in Grimma.

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Weshalb bist du geblieben?

Ich habe mich wohl gefühlt hier, deswegen bin ich geblieben. Mein familiäres Umfeld war hier. Und ich hatte Lust, hier zu gestalten! Insofern hatte ich sehr wenig Gründe aus Ostdeutschland wegzugehen, vor der Wende und nach der Wende eben auch, weil ich sofort 1990 eine Anschlussarbeit bekommen habe und ab 1994 als Bürgermeisterin in Großpösna wieder politisch tätig war.

Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?

Ich war Bürgermeisterin in Großpösna von 1989 bis 1990 und habe nach der Wende gesagt, dass ich nie wieder Politik machen will. Es gab dann aber einen Pfarrer in meinem Ort, der mir immer wieder gesagt hat: Wenn jemand Politik machen kann, dann du. Das hat mich motiviert, wieder einzusteigen. Außerdem kamen meine Ideen gut an. In Großpösna wollte man damals die Abwasserbeiträge erheben, wo die Leute wirklich nicht gewusst hätten, wie sie das bezahlen sollen. Und da habe ich damals eine Abwasser-Satzung geschrieben, die keine Beiträge, sondern bezahlbare Gebühren vorsieht. Und das war so ein Beitrag, wo die Leute gesagt haben: Wir wollen das haben und wenn das jemand durchsetzen kann, dann du, als Bürgermeisterin. Und insofern war das auch mein Wahlerfolg. Und diese Satzung gibt es heute noch.

Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?

In Ostdeutschland ist noch ganz viel neu zu bewegen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass das Feld in Westdeutschland schon oft bestellt ist. Und wenn ich an Ostdeutschland denke, an den nächsten Strukturwandel, der uns bevorsteht, finde ich, dass das unglaublich viele Chancen bietet. Die hat man in den westdeutschen Bundesländern so nicht. Und das motiviert mich, jungen Menschen zu sagen: Probiert euch hier aus.

  • 1958

    Nordhausen

  • Naunhof

  • 2021

    Grimma

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ich habe besondere Erfahrungen gemacht, die Menschen in anderen Regionen nicht gemacht haben. Erfahrungen mit Umbruchszeiten, mit radikalen Veränderungen, die bei mir eher positiv gewirkt haben als negativ, was aber nicht für jeden so gilt. Aber das sind Erfahrungen, die ich in keinem Fall in meinem Leben missen möchte. Von daher habe ich das Thema Ostdeutschland für mich zentral und positiv besetzt.

Weshalb gibt es noch immer weniger parteipolitisches Engagement in Ostdeutschland und wie möchtest du das ändern?

Viele Ostdeutsche sagen, man sehe ja, was aus Leuten, die sich politisch in der SED oder einer Blockpartei engagiert haben, nach der Wende geworden ist und welche Verantwortung sie tragen. Insofern sind viele zögerlich, sich in unserer Demokratie politisch zu binden und zu engagieren. Außerdem halten sich viele Menschen auch für unpolitisch. Wenn mir jemand sagt, ich will nicht politisch sein, sage ich sofort: Sie sind immer politisch, es gibt keinen unpolitischen Menschen. Ich versuche auch zu erklären, dass es „die Politiker“ nicht gibt, sondern dass es einen Politiker gibt, der eine bestimmte Politik vertritt. Das ist mein Einfluss, den ich heute geltend mache, indem ich sage: Der einzelne Mensch macht den Unterschied.

Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?

Ich fördere junge Menschen, indem ich sie in Führungspositionen bringe. So habe ich, als ich Landrätin geworden bin und mich um die Nachfolge gekümmert habe, eine junge, talentierte Frau, die gerade von der Universität kam und promoviert hatte, früh in die gemeindliche Arbeit einbezogen. Und dann habe ich irgendwann gesagt: So, jetzt ist sie so weit. Und ich finde, sie ist bis heute eine gute Bürgermeisterin für Großpösna. Auch bei uns in der Partei sage ich jungen Leuten immer: Kommunalpolitik, das ist das A und O der politischen Arbeit. Und Bürgermeister*in ist eines der schönsten politischen Ämter, die man haben kann, weil man so wahnsinnig viel gestalten kann, weil man wahnsinnig demokratisch arbeiten kann.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Das Wichtigste ist, dass Ostdeutsche selbstbewusst werden: Führungspositionen einnehmen, sich was zutrauen, nicht sofort hinterfragen, nicht zweifeln, ob man schon alles kann. Das wünsche ich uns sehr und da sehe ich übrigens auch eine neue Generation, die das anders kann. Ich finde auch, man muss stolz sein dürfen auf das, was man geleistet hat. Sowohl im Einzelnen, als auch für sein Dorf, seine Stadt, seine Region.