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Osten

Prof.in Dr. med. Heike Kielstein

Heike Kielstein

Heike Kielstein ist 1970 in Hannover geboren und später nach Ostdeutschland gezogen.

Rübergemacht: Heike wohnt aktuell in Magdeburg und arbeitet in Halle an der Saale als Anatomin.

Foto: Lester Kielstein

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Weshalb hast du in den Osten rübergemacht?

Ich habe vor zehn Jahren einen Ruf an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg angenommen und bin dadurch mit meinem Mann und unseren Söhnen in die Region Deutschlands gezogen, in der mein Mann aufgewachsen ist. Es sind insbesondere die Interaktionen mit den Menschen, die ich hier kennengelernt habe, die mich dazu bewegt haben zu bleiben. Es gab aber diese bereichernden Begegnungen auch in Westdeutschland.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich bin Anatomin und leite das Anatomische Institut der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und die Meckelschen Sammlungen. In meinem Fachgebiet gibt es wenige Frauen in Führungspositionen. Ich habe klare Vorstellungen über die Art und Weise, wie ich meinen Beruf ausüben möchte. Die Zukunft Ostdeutschlands zu gestalten, ist nicht primär meine Aufgabe, sondern ich unterstütze Studierende an einer ostdeutschen Universität bei der beruflichen und persönlichen Entwicklung. Diesen jungen Menschen, für die die Begriffe Ostdeutschland und Westdeutschland nichts anderes sind als Norddeutschland und Süddeutschland, möchte ich eine verlässliche, zugewandte Gesprächspartnerin und Mentorin sein.

  • 1970

    Hannover

  • 2020

    Magdeburg

Glaubst du, Menschen in Ostdeutschland können besser mit Veränderungen bzw. Wandel umgehen?

3 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich ostdeutsch?

Nein. Ich bin eine halb-französische Norddeutsche, die in Ostdeutschland lebt.

Welche Erfahrungen hast du in Ostdeutschland gemacht?

Der Teil der Familie und die Freunde, die ich verlassen habe, waren nicht glücklich, aber haben meinen Entschluss, die Professur anzunehmen, sehr gut nachvollziehen können. Sie haben nicht sehr viel über Halle gewusst, aber dies wäre vergleichbar mit Bielefeld gewesen. Ich habe sicherlich auch Stereotype gehört, wie die Menschen im Osten seien, auf was ich achten und vor was ich mich in Acht nehmen soll. So etwas ist aber glücklicherweise sehr viel weniger von Menschen zu hören, die im wiedervereinten Deutschland aufgewachsen sind. Ich habe die große Hoffnung, dass Ostdeutschland und Westdeutschland zukünftig nur noch geografische Beschreibungen sind.

Glaubst du, Westdeutsche hatten nach der Wiedervereinigung im Osten Vorteile?

Die Veränderungen nach der Wiedervereinigung gingen atemberaubend schnell und es wurden viele Strukturen aus Westdeutschland übernommen. Zwangsläufig waren im Westen geprägte Menschen dadurch im Vorteil.

Was hast du in Ostdeutschland gelernt?

Über die Geschichte Ostdeutschlands und das Leben in der DDR habe ich durch meinen Mann und meine Schwiegereltern sehr viel erfahren. Ich schäme mich, weil ich mich als Jugendliche nicht so sehr für die Menschen in der DDR interessiert habe. Ein großes Vorbild für mich ist meine Schwiegermutter, die sich in einem von ihr kritisiertem politischen System habilitiert hat. Ich blicke mit großem Respekt und Bewunderung auf Frauen, die in der DDR aufmüpfig waren. Ich genieße es, dass es in meinem Umfeld hier im Osten Deutschlands mehr Verständnis für meinen Wunsch gibt, weder auf die Karriere noch auf die Kinder zu verzichten.

Was wünschst du dir für Ostdeutschland?

Das Gleiche, was ich mir für Westdeutschland wünsche: weltoffene, empathische und mutige Menschen.