Rebekka Irma Grotjohann
Rebekka Irma Grotjohann ist Studentin und Bundesschatzmeisterin der Linksjugend Solid und 1998 in Velbert geboren und in Haldensleben aufgewachsen.
Geblieben: Rebekka wohnt aktuell in Magdeburg.
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Weshalb bist du geblieben?
Ich bin geblieben, weil ich zum einen nah bei meiner Familie bleiben wollte, es mir hier aber auch einfach gefällt. Außerdem habe ich früh mit Politik angefangen, weil mir aufgefallen ist, wie viele meiner Freund*innen hier weggezogen sind, weil es im Westen bessere Chancen auf Ausbildung und Studium gibt, aber auch der Westen als zukunftssicherer, was zum Beispiel Infrastruktur angeht, gilt. Ich will die Dinge hier im Osten verändern, damit junge Menschen hierbleiben wollen, und dafür ist mir natürlich vollkommen klar, dass ich selbst hierbleiben muss.
Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?
Ich glaube, das war mein innerer Gerechtigkeitsantrieb und die Tatsache, dass ich nicht gut darin bin, Missstände einfach so hinzunehmen. Vielleicht spielt es auch eine Rolle, dass ich zwei Jahre lang sehr schlimm gemobbt wurde – und ich gelernt habe, dass niemand außer ich selbst für mich eintritt. Daraus habe ich den Wunsch entwickelt, immer für das Bessere und die bessere Seite zu kämpfen.
Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?
Meist, indem ich einfach von meinem Leben hier schwärme. Die Mieten sind günstig, die Leute toll und die Universitäten auch ganz gut. Das ist ja auch das paradoxe – klar sind Löhne und Renten im Westen besser, aber hier gibt es eben auch Vorteile. Und es gibt hier viel Leerstand – der kann aber auch immer gefüllt werden mit Leben, Kunst und Kultur.
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich könnte jetzt erzählen, dass mir die Kunsperflocken von Zetti besser schmecken als die Chococrossies von Nestlé, oder, dass ich wahnsinnig auf gratis Zeug stehe. Aber das sind auch nur Gerüchte. Ich habe schon immer die Erfahrung gesammelt, dass ich von anderen sofort als Ossi „abgestempelt“ wurde. Mein Ex kommt ausm Dorf im Westen – da war ich die dorfbekannte Kommunistin ausm Osten. Obwohl mich die meisten der Dorfbewohner*innen nicht kannten. Ich glaube daher, das vor allem dieses „Othering“ eine wesentliche Rolle für meine Identität als Ossi spielt.
Weshalb gibt es noch immer weniger parteipolitisches Engagement in Ostdeutschland und wie möchtest du das ändern?
Alle Parteien haben es verkannt, ihre Strukturen zu modernisieren, und das ist ein generelles Problem. Dadurch haben vor allem junge Menschen oft keine Lust, sich zu engagieren. Ich will zeigen, dass institutionalisierte Politik auch Spaß machen kann – und Strukturen auch veränderbar sind. Dafür trete ich in meiner Partei selbst für Progressivität ein und versuche, im Gespräch mit jungen Menschen fair und ausgeglichen über mein Engagement zu reden – um dadurch Ressentiments aus den Weg zu räumen. Außerdem müssen die Perspektiven der 3. Generation Ost im politischen Diskurs besser vertreten werden. Für mich ist nämlich „Ossi-sein“ etwas anderes, als für meinen 70-jährigen Genossen.
Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?
Ich kämpfe für bessere Löhne und für eine besser Infrastruktur. Wir müssen den ÖPNV verbessern, für mehr Kultur (vor allem im ländlichen Raum) sorgen. Konkret wäre mein Traum, dass Cannabis legalisiert wird und der Osten zum Anbaugebiet werden würde. Das würde neue Jobs bringen und die Infrastruktur automatisch verbessern. Außerdem finde ich es wichtig, mehr in der Schule über den Osten zu lernen – das vor allem in den alten Bundesländern. Da reicht das Wissen oftmals nicht über die Existenz der DDR hinaus. Aber gerade die Wendezeit muss doch intensiver behandelt werden – sowie Wissen über Kultur, Kunst und Gesellschaft in der DDR.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Dass Ostdeutschland nicht mehr als Deutschland zweiter Klasse betrachtet wird – und wir endlich eine Angleichung der Lebensverhältnisse erreichen. Außerdem muss die Nachwendezeit weiter aufgearbeitet werden.