René Seidel
René Seidel ist Fachbereichsleiter Sprachen an der VHS Dreiländereck und 1987 in Löbau geboren und aufgewachsen.
Zurückgekehrt: René wohnt aktuell in Löbau.
Foto: Tim Schneider
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Weshalb bist du zurückgekehrt?
Ich habe während des Studiums ein Auslandssemester in Manchester absolviert und zwischenzeitlich auch in Dresden gewohnt. Für eine begrenzte Zeit war das Leben in Metropolen auch interessant, aber nach einer Weile hat mich die Intimität des ländlichen Lebens wieder angezogen. Ich freue mich Familie, Bekannte oder Freunde beim täglichen Gang durch die Stadt zu treffen und beinahe mit jedem stehen zu bleiben, anstatt zum Einkaufen zu hetzen. Ich freue mich auch vor unserem Vereinsladen zu sitzen und zu wissen, dass sich spätestens in zehn Minuten jemand dazu setzt. Die Herzlichkeit und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen hier haben mich schon immer angezogen.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Beruflich gestalte ich die Zukunft, indem ich mich im Projekt „DigitalTreff“ der Digitalisierung von Senioren widme und sie mit meinen Kollegen fit fürs Internet mache. Außerdem habe ich das Projekt „VHSmobil“ entwickelt, dass als fahrbare Volkshochschule den ländlichen Raum unsicher machen wird, um Bildung und Kultur in die grünsten Ecken des Landes zu bringen. Als Vorsitzender des Vereins LÖBAULEBT plane ich Kunst- und Kulturveranstaltungen für eine Stadt, die sonst keine alternative Kulturszene hat. Zusätzlich betreiben wir Jugendarbeit, unter anderem in einem Makerspace und in generationenübergreifenden Projekten.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich fühle mich ostdeutsch: die Mentalität, alles selbst zu reparieren oder zu bauen (oder mit Freunden) ist ganz stark durch meine Eltern weitergegeben. Auch alles aufzuheben und nichts wegzuwerfen, weil man es ja nochmal brauchen könnte, hat sich von früher durchgesetzt. Außerdem sind die typischen Beziehungen zu den Nachbarn und die Pläusche am Zaun oder auf der Straße im Sinne von Zusammenhalt, glaube ich, eine sehr ostdeutsche Sache. Ich gebe im täglichen Leben vor allem diesen Zusammenhalt weiter und versuche offen auf meine Mitmenschen zuzugehen.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Mein Gefühl ist, dass immer alles möglich ist. Durch meine Eltern habe ich vermittelt bekommen, dass auf Freunde und Familie immer Verlass ist und dass man mit Hilfe des Umkreises alles erreichen kann. Wenn wir Projekte planen und umsetzen, gehe ich immer zuerst davon aus, dass alles möglich ist, anstatt Gründe zu suchen, warum es nicht gehen sollte. Ich denke, diese Einstellung geht stark auf meine Eltern und Großeltern zurück. Auch die Einstellung, an Problemen gegebenenfalls länger zu arbeiten und sich weiterzubilden, um Ziele zu erreichen, führe ich auf meine Herkunft zurück.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir, dass ein stärkerer Austausch zwischen Jung und Alt stattfindet. Um zu verstehen, wieso sich unsere Ecke in eine bestimmte politische Richtung entwickelt, um zu verstehen, warum Jugendliche zuerst hier weg wollen, um herauszufinden, warum so wenig über die Vergangenheit geredet wird und um zu ergründen, wie unsere eigene Persönlichkeit dadurch beeinflusst wurde, dass unsere Eltern und Großeltern geprägt sind von der DDR, müssen wir dringend in den Austausch treten. Auch wünsche ich mir, dass in der Presse ein stärkerer Fokus auf die positiven Geschichten gelegt wird und auch ein lachendes Auge mitsieht.