Roderich Kreile
Roderich Kreile ist 1956 in München geboren und später nach Ostdeutschland gezogen.
Status: Roderich wohnt aktuell in Dresden, wo er Intendant und künstlerischer Leiter des Dresdner Kreuzchores ist.
Foto: Astrid Ackermann
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Weshalb hast du in den Osten rübergemacht?
Ich wurde angefragt, ob ich mich für das Amt des Kreuzkantors in Dresden bewerben wolle. Nachdem dies eines der höchsten musikalischen Ämter überhaupt ist, war ich sogar bereit, meine Tätigkeit in München, u. a. eine Professur an der Hochschule für Musik, aufzugeben.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Meine Aufgabe ist es, den über 800-jährigen Knabenchor in seiner Tradition fortzuführen, so dass er sowohl höchsten künstlerischen Ansprüchen genügt, wie auch seiner Aufgabe nachkommen kann, Kristallisationskern für Sehnsucht nach Stärkung und Trost vieler Menschen zu sein. Weit mehr als 100.000 Menschen besuchen jedes Jahr unsere Konzerte national und international. Aber wir sehen den Kern unseres Tuns in Dresden in unserer Heimatkirche, der Dresdner Kreuzkirche. Zusammen mit dem evangelischen Kreuzgymnasiums geben wir über den Bildungsweg „Kruzianer“ Jungen die Möglichkeit zur Entfaltung ihrer musikalischen Gaben und zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit.
Glaubst du, Menschen in Ostdeutschland können besser mit Veränderungen bzw. Wandel umgehen?
Fühlst du dich ostdeutsch?
Nein. Was soll denn eine ostdeutsche Identität sein? Sicher gibt es in Bundesländern andere Akzentsetzung im Wertekanon. Aber eine Klassifizierung nach dem Entweder-oder-Prinzip greift viel zu kurz. Ich bin Europäer deutscher Herkunft.
Welche Erfahrungen hast du in Ostdeutschland gemacht?
Meine Frau war skeptisch, hat die Entscheidung aber mitgetragen. Vor Ort kam es durchaus zu Turbulenzen um die Tatsache herum, dass ein Wessi nun dieses Amt übernehmen sollte. Mir gegenüber aber haben sich alle respektvoll verhalten und erst mal abgewartet, wie die Arbeit zwischen mir und den Kruzianern läuft. Nun läuft diese seit 23 Jahren sehr gut.
Glaubst du, Westdeutsche hatten nach der Wiedervereinigung im Osten Vorteile?
Es gab den auf Gewinnmaximierung orientierten Wessi, der seine Kenntnisse über das Funktionieren des „neuen“ Systems für seine Interessen ausnutzte. Diese Leute haben sehr dazu beigetragen, dass Ostdeutsche in der Folge kritischer den Westen beäugten, als es unter objektiven Gesichtspunkten hätte nötig sein müssen.
Was hast du in Ostdeutschland gelernt?
Mich hat von Anfang die in Sachsen spürbare Liebe zur Kultur beeindruckt; damit einhergehend das hohe Bildungsniveau. Die Erfahrung, in Kernlanden deutscher Kultur zu leben, hat meine Wahrnehmung in den ersten Jahren meines Lebens in Dresden durchaus erweitert.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Eine weiter positive Entwicklung hin zu Weltoffenheit, Respekt allen Menschen gegenüber und die Erkenntnis, wie gut es uns allen in Wahrheit geht.