Wir sind der

Osten

Roswitha Lahmann

Roswitha Lahmann ist Trainerin für Betriebliches Rechnungswesen und Rentnerin und 1948 in Paplitz in Sachsen-Anhalt geboren.

Geblieben: Roswitha wohnt aktuell in Parum in Mecklenburg-Vorpommern.

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Weshalb bist du geblieben?

Sowohl die Familie meiner Eltern als auch die Familie meiner Schwiegereltern wohnten weitestgehend im Westen. So wusste ich durch meine Verwandten, aber auch durch zwei meiner Brüder, was mich im Westen erwarten würde. Denn ich muss arbeiten, um Reisen zu können. Ich muss Geld haben, um mir die Wünsche zu erfüllen. Mir wird im Westen auch nichts geschenkt. Warum sollte ich all das, was wir uns hier geschaffen hatten und auch unsere Freunde aufgeben, um im Westen nichts Neues zu finden? Unsere Verwandschaft hatte schon eine Wohnung organisiert, die wir hätten beziehen können. Aber wir haben uns entschieden zu bleiben.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Ich habe Landwirtschaft studiert und nach dem Diplom auch den Abschluss als geprüfte Bilanzbuchhalterin gemacht. Obwohl ich schon im Ruhestand bin, arbeite ich noch als Trainerin oder Dozentin, wie auch immer die Unternehmen es bezeichnen, in der Weiterbildung. Ich arbeite noch weil es mir Spaß macht, Menschen bei der Wiedereingliederung ins Berufsleben zu helfen. Da ich Onlinetrainerin bin, habe ich hier die Möglichkeit, mit Menschen aus dem Osten und dem Westen Deutschlands zu kommunizieren. Dabei muss ich leider oft feststellen, dass die Leute aus dem Westen uns nur aus der Presse kennen und uns oftmals mit Vorurteilen gegenübertreten. Nach Gesprächen sehen es die meisten dann ganz anders.

  • 1948

    Paplitz

  • 2020

    Parum

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

4 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ich fühle mich nicht nur ostdeutsch, ich bin ostdeutsch. Für mich sind Worte wie Gemeinschaft, Hilfe und Kollegialität noch aktuell. Ich hasse Ausnutzung und Schmarotzertum, Schleimigkeit und Hinterhältigkeit. Ich stehe dazu, dass ich ein geborenes DDR-Kind bin und bin stolz darauf.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Ich hatte es nach der Wende natürlich schwer. In der DDR habe ich in der Landwirtschaft in der Betriebsleitung gearbeitet. Ich war Vorstandsmitglied in einer Genossenschaft und Hauptökonomin des Kooperationsrates. Nach der Wende war mein Job weg und ich musste mich neu orientieren. Natürlich hat das meinen Kampfgeist und meinen Ehrgeiz angestachelt.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Volle Akzeptanz. Wir Ostdeutschen sind gut, wir haben eine sehr gute Ausbildung.