Sarah Grodd
Sarah Grodd ist Projektmanagerin bei NUEDIGITAL und Radiohost und 1990 in Eldena geboren und aufgewachsen.
Status: Sarah wohnt aktuell in Nürnberg.
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Weshalb bist du gegangen?
Der Wegzug war nicht wirklich geplant und passierte eher schrittweise. In Mecklenburg wurde es mir immer trister und auch wenn ich heute zu Besuch bin, tut mir der sichtbare Verfall einiger Orte weh.
Genau deshalb wollte ich in verschiedenen Städten und Bundesländern leben. Dresden und Erfurt, meine Studienstädte, hatten mehr Chancen und Dynamik zu bieten. Gleichzeitig habe ich in beiden Städten das Erstarken rechter Strömungen wie PEGIDA oder AfD miterlebt – aber ebenso das Engagement kultureller und gesellschaftlicher Akteure für ein demokratisches Miteinander.
Nach Nürnberg bin ich eher zufällig für einen Job gezogen und manchmal träume ich davon, nach Dresden zurückzukehren.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Als Projektmanagerin für ein dezentrales Community-Festival zu digitalen Themen setze ich mich dafür ein, Menschen zusammenzubringen, um über Technologien und deren gesellschaftliche Auswirkungen zu sprechen und gemeinsam digitale Lösungen für individuelle und kollektive Herausforderungen zu finden. Seit meiner Studienzeit wirke ich zudem in freien Radios mit und verschaffe der lokalen Musikszene Gehör, zum Beispiel durch Interviews und Porträts von Thüringer Bands.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich fühle mich eher gesamtdeutsch, auch wenn ich – obwohl nach der Wende geboren – sogar noch einen DDR-Impfpass habe.
Das Ossi- und Wessi-Label war für mich immer ein Konstrukt, das vor allem ältere Menschen an mich herangetragen haben. Es war nie ein aussagekräftiges Unterscheidungsmerkmal für mich.
Ich erlebe es als sehr bereichernd, schon auf „beiden Seiten“ gelebt zu haben und habe überall inspirierende, kreative, anpackende und offenherzige Menschen kennenlernen dürfen.
Gedanklich trenne ich vielmehr nach Norden und Süden als nach „Ost“ und „West“. Trotzdem geht mein Herz auf, wenn ich jemanden treffe, der diese Ost-Erfahrung mit mir teilt.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Ich habe großen Respekt vor meinen Eltern und den Einschränkungen, die sie vor und nach der Wende erlebt haben. Gleichzeitig fühle ich mich privilegiert, heute meine Meinung, Berufswahl und meinen Wohnort so frei und selbstbestimmt äußern bzw. wählen zu können.
Durch meine ostdeutsche Herkunft habe ich das Gefühl, mehr Verständnis und Resilienz gegenüber verschiedenen Menschen und Positionen zu haben. Was mich aber stört, sind Personen, die „den Osten“ höchstens aus einer Urlaubsperspektive kennen und trotzdem starke und meist bemitleidende oder negative Ansichten darüber haben.
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Ich wünsche mir vor allem, dass wir bald ein Level erreichen, auf dem „Ost“ und „West“ nicht mehr als Gegensätze gesehen werden und dass Menschen im Osten sich weder selbst noch von außen in eine Opfer- oder Verlierer-Rolle drängen lassen.
Bis dahin ist es wichtig, dass starke Stimmen und Meinungen aus dem Osten in Medien, Politik und Gesellschaft mehr Gehör und Wertschätzung finden – so wie es immer stärker spürbar ist.