Sebastian Czaja

Sebastian Czaja ist Vorsitzender (FDP) im Abgeordnetenhaus von Berlin und 1983 in Berlin Marzahn-Hellersdorf geboren und aufgewachsen.

Geblieben: Sebastian wohnt aktuell in Berlin Steglitz-Zehlendorf.

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Weshalb bist du geblieben?

Berlin ist vielleicht die aufregendste Metropole der Welt – und eine echte Chancenstadt! Keine andere Stadt wurde von der deutschen Teilung so empfindlich getroffen. Doch dafür war der Funken der Hoffnung und des Aufbruchs nach der Wiedervereinigung in Berlin umso stärker. Das hat mich auch persönlich immer motiviert. Ich wollte wissen, wie sich diese großartige Stadt entwickelt, wie sie sich neu erfindet und wollte auch meinen Beitrag dazu leisten.

Was hat dich motiviert, politisch aktiv zu werden?

Solange ich denken kann, war ich politisch aktiv. Das fing schon im Elternhaus an: Tagespolitik gehörte bei uns genauso an den Abendbrottisch, wie die Frage, was es Neues in der Schule gab. Ich bin aufgewachsen in einer Zeit des Aufbruchs. Gerade in Ostdeutschland kamen mit der Freiheit riesige Chancen, aber auch Konflikte. Mir war klar: Nur wenn wir die neu gewonnene Freiheit offensiv verteidigen, behalten wir sie auf Dauer. Denn Freiheit ist in einer Gesellschaft nicht selbstverständlich. Doch es gab immer wieder – leider auch heute – politische Kräfte, welche die Uhr zurückdrehen wollen. Statt auf Klassenkampf, setze ich auf Lösungen – für alle Berlinerinnen und Berliner.

Wie überzeugst du junge Menschen, in Ostdeutschland zu bleiben und vor Ort die Zukunft zu gestalten?

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es als junger Mensch nicht immer einfach ist, sich politisch – vor allem in einer Partei oder in einem Gremium – zu engagieren und zum Beispiel den ganzen Abend in einer langen Sitzung zu verbringen, während sich die Altersgenossen in einer Bar oder im Club treffen. Aber es lohnt sich! Denn mit etwas Geduld und Durchhaltevermögen kann man wirklich etwas verändern – im kleinen wie im großen. Das müssen wir stärker vermitteln, in der Schule aber auch in den Parteien.

  • 1983

    Berlin

  • 2021

    Berlin

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Als Berliner ist man in einer besonderen Lage: Die Stadt ist sowohl Ost als auch West und irgendwie auch wieder nicht. Aus einer geteilten Stadt ist eine geeinte Stadt geworden. So fühle ich mich heute als Berliner und als Deutscher. Vielleicht haben die Menschen in Berlin so hart daran gearbeitet, auch die Mauern in den Köpfen einzureißen, weil die Narben der Teilung quer durch die Stadt verlaufen und jeden Tag ermahnen. Umso schlimmer, dass alte Wunden wieder aufzureißen scheinen: Die Spaltung verläuft heute nicht zwischen Ost und West, sondern Mietern und Vermietern, Autofahrern und Radfahrern usw. Berlin braucht ein Regierung, die nicht auf Klassenkampf setzt, sondern auf Lösungen.

Weshalb gibt es noch immer weniger parteipolitisches Engagement in Ostdeutschland und wie möchtest du das ändern?

Ich denke nicht, dass die Menschen in Ostdeutschland weniger politisch interessiert sind. Aber die Parteien können dieses politische Engagement nicht so gut bündeln – das gleiche gilt ja auch für Verbände, Gewerkschaften und Kirchen. Die Menschen suchen sich daher oft andere Möglichkeiten der Organisation, wie zum Beispiel Bürgerbewegungen. Das sollten wir als Chance begreifen – im Osten wie im Westen. Diese unmittelbare Form politisch aktiv zu sein, kann die Demokratie beleben – wenn es den Parteien gelingt, die Stimmungen und Forderungen aufzugreifen. Da müssen wir noch besser werden und auch mehr projektbezogenes Engagement innerhalb der klassischen Strukturen ermöglichen.

Was machst du, damit Ostdeutsche bessere Chancen haben?

Ostdeutsche brauchen keine gut gemeinten Ratschläge oder milde Gaben. Sie brauchen das gleiche, wie der Rest der Republik: Einen neuen Stil Politik, der die Probleme entschieden anpackt und sich nicht wegduckt. Die Probleme in Ost und West sind grundsätzlich die gleichen: die alternde Gesellschaft, die Abwanderung aus strukturschwachen Regionen und das Verschwinden alter Industrien. Seit Jahren wurde es verschlafen, die Digitalisierung voranzutreiben, unsere Renten- und Sozialsysteme zukunftsfest zu machen, beste Bildungschancen unabhängig vom Elternhaus zu ermöglichen und die Voraussetzungen für eine brummende Wirtschaft mit qualifizierten Arbeitsplätzen zu schaffen.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Trotz jahrzehntelanger Trennung gibt es sehr viel mehr Verbindendes als Trennendes zwischen allen Deutschen, in Ost und West und Nord und Süd. Ich würde mir wünschen, dass wir lernen, gelassener mit Unterschieden umzugehen. Lassen wir es nicht zu, dass uns einige politische Kräfte ständig Mauern in den Köpfen einreden. Aus meiner Sicht ist zum Beispiel ein Amt, wie das des Ostbeauftragten. Es wird Zeit für einen neuen Stil Politik, der auf Gemeinsamkeiten setzt, nicht auf Unterschiede. Ich wünsche mir für Ostdeutschland wie auch für Deutschland insgesamt Einigkeit und eine prosperierende Zukunft.