Wir sind der

Osten

Silke Grochowy-Wölflick

Silke Grochowy-Wölflick ist Diabetesberaterin und in Welsau geboren.

Geblieben: Silke lebt heute in Süptitz.

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Weshalb bist du geblieben?

Ich bin nie weg gewesen. Zu DDR-Zeiten war mein Traumberuf Krippenerzieherin als medizinischer Beruf klassifiziert und als ich nach dieser Ausbildung den Weg in die Krankenschwesternlaufbahn einschlagen wollte, konnte ich mir einen gewissen Teil der Lehrinhalte anrechnen lassen. Danach habe ich bei meinem Vater in der Praxis mitgearbeitet.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Mit unserem Verein, der „Teichminze“, fördern wir generationsübergreifend den Zusammenhalt einmal der Familien und natürlich auch der Dorfgemeinschaft. Woran man selbst mitgearbeitet hat, das will man auch erhalten und man hat ein Auge darauf, wie anderen damit umgehen. Das klingt nach einer Gesellschaft, die sich viele 1989 schon gewünscht haben und die wir ihnen immer noch schuldig sind.

  • Welsau

  • 2019

    Süptitz

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

3 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Was wir so liebten, die großen Feiern in der Familie, Nachbarschaftshilfen und so was, kannten unsere Westbesucher fast gar nicht. Ich glaube, das Zusammensein als Familie war hier irgendwie wichtiger, intensiver und darum beneideten sie uns. Wie wir hier zusammengehalten und uns gegenseitig unkompliziert geholfen haben, gemeinsam Lösungen für ganz alltägliche Probleme gefunden haben, das ist in meinen Augen charakteristisch gewesen für das Lebensgefühl in den Ortschaften.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Ich war 17 – wir haben im Freundeskreis auch über die Stasi geredet und uns ausgemalt, wie die wohl arbeiteten. Aber wir wussten eigentlich ziemlich genau voneinander, wessen Verwandte, Bekannte, Kollegen wahrscheinlich als IMs rekrutiert worden waren. Bestimmte Berufsgruppen wurden ja sowieso überwacht und schon bei der Bewerbung dafür wurden die Leute auch für den Spitzeldienst angeworben. Das war eine ganz normale Praxis. Erschreckend im Nachhinein, denn inzwischen wissen wir mehr darüber, wie viele auch unter Druck gesetzt worden sind und mit welchen Mitteln man „überzeugt“ werden konnte. Diese Erfahrungen zeigen mir immer wieder, wie wertvoll Demokratie ist und wie zerbrechlich.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Seit Mitte der 90er ist das allgemeine Zusammengehörigkeitsgefühl, eine gewisse Grundempathie und der Anspruch, uneigennützig den Menschen im eigenen Umfeld zu helfen, aber immer mehr verloren gegangen. Nicht unwiederbringlich – wir können das über die Erziehung unserer Kinder jederzeit wieder etablieren. Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig, es braucht nur jemanden, der mitmacht!