Wir sind der

Osten

Sophie Anders

Sophie Anders ist Studentin und 2000 in Chemnitz geboren und in Limbach-Oberfrohna aufgewachsen.

Status: Sophie wohnt aktuell in Leipzig.

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Weshalb bist du zurückgekehrt?

Nach den Geschehnissen in Chemnitz 2018 wollte ich unbedingt verstehen, woher die Wut in Ostdeutschland kommt. Die Politikwissenschaft erschien mir dafür perfekt, aber wie das Leben so spielt, hat es mich zum Ende aus Chemnitz nach Berlin verschlagen. Auch wenn Berlin schön ist – das Bauchweh beim Heimatbesuch ist immer geblieben. Vor den Wahlen 2024 habe ich mich dann dazu entschieden, alle Zelte (inklusive meines Jobs und Studiums) abzubrechen und in meiner Heimat Sachsen weiterzumachen. Ich wollte nie nur meckern und die Schlagzeilen aus meiner Heimat über mich ergehen lassen- ich wollte anpacken, verstehen, mit Menschen sprechen und die stärken, die immer noch mehr und geblieben sind.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Als Werkstudentin bei Wir sind der Osten recherchiere und erstelle ich Posts mit Bezug zu Ostdeutschland. Ob humorvolles Reel, informative Fakten-Posts oder Podcasttipps – alles dient dazu, Ostdeutschland sichtbarer zu machen und die Vielfalt der Region und ihrer Menschen darzustellen. Schließlich bin ich eine von ihnen und will lieber gemeinsam vor Ort zum Wandel beitragen anstatt aus der Ferne nur zuzuschauen.

  • 2000

    Chemnitz

  • Limbach-Oberfrohna

  • Berlin

  • Heute

    Leipzig

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

2 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ostdeutsch sein hat für mich viel mit meiner Herkunft und Sozialisierung zu tun. Meine Familie hat durch die Wende viel verloren – nicht nur Jobs und Geld, sondern auch das Gefühl von Sicherheit und Sichtbarkeit. Diese Angst wurde über die Generationen weitergetragen und vermischt mit den Erfahrungen aus der DDR. Aber ostdeutsch-sein ist für mich kein Trauma, es zeugt von Resilienz und geteilten Erfahrungen, auch wenn ich nie selbst die DDR und die friedliche Revolution erlebt habe.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Dass ich ostdeutsch bin, merke ich vor allem in Kreisen, in denen ich die einzige oder eine der wenigen Ostdeutschen bin. Oft bin ich dann die „Ostvermittlerin“, die erklären muss, woher die Wut, die Stärke des Rechtsextremismus und der generelle Pessimismus kommt. Wenn ich dann über meine Familiengeschichten erzähle und anderen klar wird, dass hinter Zahlen auch Menschen und ihre Schicksale stehen, habe ich nicht selten ein „aha, das wusste ich nicht“ gehört. Ich finde es schade, dass das Bewusstsein für die deutsche Teilung und die negativen Seiten der Wende mehr und mehr verschwindet – außer in Ostdeutschland.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Dass es viel mehr in der Politik und in der Gesellschaft stattfindet. Wie traurig, dass wir über den/die Ostbeauftragte/n streiten müssen, während die Parteien sich mehr und mehr von den Herausforderungen und Ungleichheiten zwischen Ost und West abwenden. Ich wünsche mir starke Persönlichkeiten, die sich für Ostdeutschland aussprechen und das nicht nur, weil sie eine Quote erfüllen müssen, sondern weil sie geschätzt und gesehen werden. Das heißt für mich auch, dass nicht nur in der Politik Menschen mit positiven Ansätzen (und besonders Frauen!) gestärkt werden müssen, sondern auch die Zivilgesellschaft vor Ort finanziell, personell und mit Aufmerksamkeit unterstützt werden muss.