Wir sind der

Osten

Stefan Münzner

Stefan Münzner ist 1983 in Dresden geboren und in Berlin-Hohenschönhausen aufgewachsen.

Geblieben: Stefan lebt heute in Berlin-Weißensee.

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Weshalb bist du geblieben?

Für mich kam es nie in Frage, woanders als in Ostdeutschland zu wohnen. Das hat aber weniger mit den politischen Grenzen zu tun, als mit dem Gefühl von Heimat. Oder, Elbe, Ostsee – seit ich denken kann habe ich nicht nur eine leicht sentimentale Beziehung zu diesen drei Gewässern, sie umreißen auch meine geographische Heimat.

Wie gestaltest du die Zukunft?

Nach langen Jahren bei der Bundeswehr hat es mich mit Ende 20 in die Politik verschlagen, wo ich erst hauptamtlich im Bundestag beschäftigt war und als Geschäftsführer einer Berliner Politik- & Unternehmensberatung auch heute noch angedockt bin. Das Thema Ostdeutschland hat mich dabei immer begleitet: mal mit trotzigem Selbstbewusstsein, mal mit übermotivierten Ideen, mal durch (auch selbstkritische) Auseinandersetzungen. Gerade befinden wir uns mitten in der Gründung einer Firma, die speziell Unternehmen aus Mitteldeutschland beiseite stehen will. Die sind zwar oft mindestens genauso stark und innovativ wie ihre Konkurrenz, in Politik und Gesellschaft kommt davon aber zu wenig an.

  • 1983

    Dresden

  • 2019

    Berlin-Weißensee

Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?

2 von 5
Stimme gar nicht zu
Stimme voll und ganz zu

Fühlst du dich Ostdeutsch?

Ich habe mich schon immer ostdeutsch gefühlt. Das ist, glaube ich, viel eher als Reaktion denn als Aktion entstanden. Als ich sechs war fiel die Mauer und innerhalb weniger Jahre wurden aus den modernsten Wohnquartieren am Rande Berlins die „sowietisch anmutenden Trabantenstädte im Schatten der Hauptstadt“, wie SPIEGEL TV es mal beschrieben hat. Mit hohem Arbeitslosenanteil und allem drum & dran. Das hat mich wahrscheinlich mehr geprägt als alles andere, denn dadurch musste ich mich anderswo von Kindestagen an für meine Herkunft rechtfertigen und wurde so quasi erst zum Ossi gemacht. Ich habe trotzdem immer gern da gelebt und daraus auch eine Art Stolz entwickelt.

Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?

Ich bin gelassener und reflektierter als andere. Wir Ossis haben ja schon erlebt, dass alles sich verändern kann und nichts für die Ewigkeit ist. Das macht einen auch weniger anfällig für dogmatische Weisheiten oder Ideologien. Vielleicht spielt da auch die Abwesenheit von Kirchen und Religionen mit rein, was ich immer als sehr angenehm empfunden habe.

Was wünscht du dir für Ostdeutschland?

Ich wünsche mir für Ostdeutschland vor allem mehr Selbstbewusstsein, und zwar so ein Selbstbewusstsein, das Weltoffenheit und Gelassenheit erlaubt. Natürlich schwingt dabei immer auch Lokalpatriotismus mit, insgesamt muss man aber feststellen, dass es mit der gesamt- bzw. bundesdeutschen Identität nicht geklappt hat und es für die europäische Identität noch zu früh ist.
Insofern sind mir selbstbewusste Ossis, die stolz auf ihre Leistungen und Prägungen sind, lieber, als diejenigen, die sich gekränkt in die Opferrolle zurückziehen.