Stefanie Müller
Stefanie Müller ist selbständige Buchhänderlin und 1981 in Potsdam geboren.
Geblieben: Stefanie lebt heute in Potsdam.
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Weshalb bist du geblieben?
Ich bin geblieben, weil ich mich frei fühlte, jederzeit gehen zu können. Ich bin nicht gegangen, weil hier meine Familie ist und meine Heimat. Mit „hier“ meine ich tatsächlich Potsdam und Umgebung. Nicht den Osten im Allgemeinen. Nach Rostock oder Leipzig zu gehen kam für mich bisher genauso wenig in Frage wie nach Münster oder Hamburg.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Als Buchhändlerin mit eigener Buchhandlung sehe ich mich als Botschafterin zweier Kulturgüter: des Buches und des lokalen Einzelhandels. In unmittelbarer Nachbarschaft zweier Kitas und einer Grundschule gelegen können wir schon kleinsten Kindern die Vorzüge des Besuches einer Buchhandlung gegenüber eines Online Bestellvorgangs vermitteln. Hier wird Gemeinschaft gelebt und Identifikation gestiftet. Außerdem gehört das Buch für die Kinder, die regelmäßig kommen zu einem selbstverständlichen Alltagsgegenstand, Lesen als schöne Freizeitbeschäftigung. Im besten Fall nehmen sie diese Erfahrungen mit in ihr späteres Leben als weltoffene, tolerante, ihre Umgebung mitgestaltende Erwachsene.
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich sage viertel und dreiviertel, habe Konsum lange Zeit mit kurzem U ausgesprochen, habe eine entspannte Beziehung zu meinem (nackten) Körper, begegne Menschen, die vermeintlich „niedere“ Arbeiten verrichten auf Augenhöhe, mag es nicht, bedient zu werden. Als Frau fühle ich mich den Männern gleichberechtigt.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Als positiv an meiner Herkunft betrachte ich vor allem die annähernde Gleichberechtigung der Frau im Berufsleben und im Privaten. Von klein an träumte ich nicht vom Prinzen, sondern von einem selbstbestimmten Leben. Ich denke, ich profitiere heute auch von der Erziehung, die ostdeutsche Männer meines Alters genossen haben.
Zu einem krassen Bruch kam es durch ’89 in meiner Familie nicht. Die Wende hat vor allem meiner Mutter weitere Türen geöffnet. Ein Führerschein wurde sinnvoll, lang ersehnte Reisen möglich. So wurde ich in dem Bewusstsein erzogen, dass die Welt groß ist und Reisen quasi ein Muss. Alles andere wäre ein Verrat am jahrelangen Eingesperrtsein meiner Eltern gewesen.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Für Ostdeutschland wünsche ich mir eine Aufwertung durch die Ostdeutschen. Ich wünsche mir mehr Selbstbewusstsein und Toleranz. Außerdem natürlich endlich Lohn- und Rentengleichheit.