Thomas Zenker
Thomas Zenker ist Oberbürgermeister von Zittau und 1975 in Zittau geboren.
Zurückgekehrt: Thomas lebt heute in Zittau.
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Weshalb bist du zurückgekehrt?
Studieren wollte ich schon immer außerhalb unseres „Kaffs“ – als 18-Jähriger sicher normal, aber ich habe nie den Kontakt verloren. Familie, Mountainbiking, selbst gegründeter Klub und dann auch die große Liebe haben mich immer mit Zittau verbunden. Meine Pendelkilometer dürften gewaltig sein, es waren zwanzig Jahre… Als unsere Tochter geboren wurde, war die Entscheidung, ob Großstadtleben oder ländliche Idylle, dann akut und wir haben uns trotz unserer Vorbehalte für die Heimat entschieden. Starke Wurzeln, eine hohe Lebensqualität und enorme Gestaltungsspielräume waren die ausschlaggebenden Faktoren. Die Lage im Dreiländereck hat mich schon immer fasziniert und bietet fantastische Möglichkeiten.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Vom Politikbeobachter als Journalist, Lehrer, Koordinator oder einfach aufmerksamer Bürger hat es mich 2013 in die konkrete Gestaltung von Demokratie gezogen. Wir haben mit vielen Gleichgesinnten eine Wählerliste gegründet und sind kommunalpolitisch schnell erfolgreich geworden, dann wurde ich ziemlich überraschend zum Oberbürgermeister gewählt. Ich möchte mit Unterstützern unsere Stadt Zittau und die Oberlausitz – Paradebeispiele, wie gut Ländlicher Raum sein kann – den Menschen wieder stärker ins positive Bewusstsein bringen, über ihre eigene Beteiligung ihre Identität stärken und Stolz wecken, der nicht Trotz und Ablehnung gegenüber anderen bedeutet. Dafür lohnt sich jeder Tag.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich habe das Gefühl, dass diese Kategorien zu nichts führen. Meine eigene Biografie bietet mir den Vorteil, beide Gesellschaftssysteme kennen gelernt zu haben, einen gewaltigen Umbruch live miterlebt und als Teenager ein kleines bisschen mitgestaltet zu haben. Natürlich bin ich per Herkunft Ostdeutscher, aber durch verschiedene sprachliche Einflüsse und diverse andere Prägungen als solcher offensichtlich nicht so schnell zu identifizieren, denn viele sind erstaunt, wenn sie erfahren, dass ich auch in Zittau aufgewachsen bin. Für mich haben diese Begriffe vor allem Abgrenzungsfunktion und treffen vor allem dann zu, wenn sie explizit dafür benutzt werden, sehr oft ja eben auch negativ.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Die Friedliche Revolution (sic!) ist eines der größten Ereignisse der deutschen Geschichte mit Potential zu mehr Veränderung. Der Beitritt der DDR zur BRD beendete dies, da die überraschende Möglichkeit zur deutschen Einheit ein zwar logischer, aber schneller und einfacherer Weg war. Ich würde gern wissen, was wäre, wenn die Ideen der Bürgerrechtler – zum großen Teil aus der Friedens- und Umweltbewegung – mehr Durchsetzungskraft gehabt hätten. Für mich persönlich war das eine berauschende Zeit – selbst in der Pubertät und die Welt ringsum veränderte sich komplett – vor allem in bisher undenkbaren Kategorien. Das war spannend, nicht immer ungefährlich und prägt meine Erinnerungen bis heute.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Positive Energie, engagierte und selbstbewusste Menschen, Offenheit gegenüber neuen Einflüssen, Gründergeist, mehr Menschen mit unabhängigem Denken, die sich nicht so schnell von anderen beinflussen oder beeinträchtigen lassen. Ein höheres Bewusstsein für die Notwendigkeit der Demokratie und ihre Schwierigkeiten und leider manchmal krummen Kompromisse.