Tobias Burdukat
Tobias Burdukat ist Sozialarbeiter und 1983 in Grimma geboren und aufgewachsen.
Geblieben: Tobias wohnt heute in Grimma.
Foto: Martin Neuhof
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Weshalb bist du geblieben?
Ich bin geblieben, da ich finde, wir haben eine Verantwortung gegenüber den Orten unseres Aufwachsens. Allerdings kann ich jeden Menschen verstehen, der diese Hegemonie, welche in ländlichen Räumen existiert, nicht verkraftet und sich dieser nicht widersetzen kann. Ein Wegzug ist verständlich, solange sich unsere gesellschaftlichen Verhältnisse in den ländlichen Regionen nicht ändern und die Menschen nicht offener und freundlicher werden. Nicht jeder* Mensch findet seinen Platz in der Feuerwehr, dem Fußball oder Heimatverein. Für diese Menschen wird es schwer, wenn es keine alternativen Angebote gibt. Ich bin geblieben, um solche Angebote schaffen zu können, damit der ländliche Raum attraktiver ist.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Ich habe in den letzten Jahren eine Projektkonzeption für die Offene Kinder- und Jugendarbeit entwickelt, welche es wieder ermöglicht, dass Jugendarbeit im ländlichen Raum möglich und machbar wird. Zusätzlich gestalte ich Zukunft, indem ich in den letzten Jahren versucht habe Veranstaltungen, Freiräume, Selbstverwirklichung und Eigenständigkeit sowie politische Diskurse im ländlichen Raum für Jugendliche und junge Menschen erleb- und erfahrbar zu machen. Aktuell versuche ich diese Ideen möglichst weit zu verbreiten, damit mein bisheriger Wohnort nicht der einzige Ort mit einem solchen Projekt der Jugendarbeit bleibt!
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich fühle mich als Mensch und nicht als Angehöriger irgendeiner Nation oder eines Teils einer Nation. Probleme und Schwierigkeiten gibt es überall, aber auch viele schöne und positive Sachen, deshalb haben solche Überlegungen für mich nie eine Rolle gespielt!
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Ich kann nicht sagen, dass ich oder meine Familie große Brüche durch die Wende erfahren haben. Ich selbst kann mich nur noch geringfügig an die sieben Jahre in der DDR erinnern und meine deutlichste Erinnerung ist ein Fahnenapell zur Einschulung, bei dem wir als Jungpioniere begrüßt wurden. Ansonsten habe ich und meine Familie unsere Leben so gestaltet, wie wir dies für gut empfunden haben und darauf hatte die Wende kaum Einfluss! Ich denke jedoch, das ich die Möglichkeit hatte, mich freier zu entwickeln als wenn ich vollständig in der DDR aufgewachsen wär.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Dass die Menschen, die hier leben, ihre Frustration überwinden und endlich auch mal dankbar sind für den Wohlstand, in welchem sie leben können, denn vielen Menschen auf dieser Welt geht es wesentlich schlechter als uns hier in Deutschland. Mir ist ein Ost- und Westdeutschland relativ egal, denn ländliche Regionen gibt es überall und die weisen ähnliche Problemlagen auf, deshalb finde ich es nicht gut, nur immer über Ostdeutschland zu sprechen. Auch empfinde ich den Hype um eine „friedliche“ Revolution etwas überbewertet. Deshalb wünsche ich mir, dass die „Ostdeutschen“ endlich erkennen, dass sie Teil einer Welt sind und sich in der offenen Gesellschaft zurecht finden und wohl fühlen!